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Dokumente in der Rubrik Arztrecht
Vereinbarung eines Untersuchungstermins für den Patienten kann bei der Entlassplanung zwingend sein | ||
Wenn es die Umstände des Einzelfalls erfordern, ist ein Krankenhaus verpflichtet, die für die Erhaltung der Gesundheit eines Patienten elementaren Anschluss- und Abschlussuntersuchungen selbst zu veranlassen. Ein Krankenhaus muss gerade zum Schutz eines neugeborenen Patienten in Absprache mit den Eltern frühzeitig Kontakt mit dem weiterbehandelnden (Fach-)Arzt aufnehmen und für einen rechtzeitigen Termin für die weitere Untersuchung des Patienten sorgen.
BGH, Urteil vom 04.06.2024, VI ZR 108/23
– Anforderungen an das erforderliche Entlassmanagement gem. § 39 Abs. 1a SGB V, Befunderhebungsfehler, Beweislastumkehr gem. § 630h Abs. 5 Satz 2 BGB –
Sehr geehrte Damen und Herren,
der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung vom 04.06.2024 klargestellt, dass eine Erblindung eines Frühgeborenen einem Krankenhausträger rechtlich vorgeworfen werden kann, wenn nicht nur versäumt wurde, die Risiken der Erblindung korrekt einzuschätzen, sondern auch keine ausreichende Veranlassung durch das Krankenhaus von entsprechend erforderlichen Untersuchungen nach der Entlassung erfolgt ist. Dies kann bedeuten, dass im Rahmen des Entlassmanagements auch die Vereinbarung eines Untersuchungstermins durch das Krankenhaus selbst erfolgen muss.
Sachverhalt
Der Kläger wurde im Juli 2016 in der 25. Schwangerschaftswoche in der gynäkologischen Klinik der Beklagten geboren und in der dortigen Klinik für Kinder- und Jugendmedizin versorgt. Beim Kläger bestand ein besonderes Risiko für eine Frühgeborenen-Retinopathie samt sich daraus entwickelnder Netzhautablösung. Aus diesem Grund erfolgten regelmäßige augenärztliche Untersuchungen. Diese ergaben keine Hinweise auf eine Frühgeborenen-Retinopathie. Im Oktober 2016 wurde der Kläger aus der stationären Behandlung entlassen. Der errechnete reguläre Geburtstermin des Klägers wäre der 10. November 2016 gewesen. Die Beklagte empfahl dabei eine augenärztliche Kontrolle in drei Monaten.
Am 24. November 2016 wurde beim Kläger in einer anderen Klinik eine Frühgeborenen-Retinopathie diagnostiziert. Das rechte Auge des Klägers war nicht mehr zu behandeln (vollständige Erblindung). Das linke Auge wies eine hochgradige Sehbehinderung auf. Der Beklagten wurde vorgeworfen, die erneute augenärztliche Kontrolle erst nach drei Monaten empfohlen zu haben. Die Abschlussuntersuchung hätte zum errechneten Geburtstermin erfolgen müssen. Bei rechtzeitiger Kontrolle wären die Retinopathie und die Sehschäden verhindert worden.
Das angerufene Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 130.000 € nebst Zinsen zu zahlen. Es hat die Ersatzverpflichtung der Beklagten in Bezug auf zukünftige immaterielle und materielle Schäden festgestellt. Hiergegen hat die Beklagte Revision eingelegt.
Entscheidungsgründe
Der BGH hat das Berufungsurteil des Oberlandesgericht aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Er war aber der Auffassung, dass die Versäumnisse der Beklagten in der gebotenen Gesamtbetrachtung als Befunderhebungsfehler zu qualifizieren seien mit der Folge, dass dem Kläger die in § 630h Abs. 5 Satz 2 BGB angeordnete Beweislastumkehr zu Gute komme. Unterlasse es ein Arzt, einen medizinisch gebotenen Befund rechtzeitig zu erheben oder zu sichern, liege der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in der unterbliebenen Befunderhebung. Denn die standardwidrig verspätete Erhebung eines Befundes stehe einer Nichterhebung gleich. Die Beklagte sei somit unter den Umständen des Streitfalls verpflichtet gewesen, eine weitere Kontrolluntersuchung der Augen des Klägers rechtzeitig zu veranlassen.
Der Krankenhausträger sei gemäß § 39 Abs. 1a SGB V verpflichtet gewesen, im Rahmen der bestehenden Versorgungsstruktur für eine sachgerechte Anschlussversorgung nach der Krankenhausbehandlung zu sorgen. Es sei die Aufgabe des Krankenhauses, in einem Entlassplan die medizinisch unmittelbar erforderlichen Anschlussleistungen festzulegen. Vor diesem Hintergrund sei die Beklagte unter den Umständen des Streitfalls verpflichtet gewesen, die für die Erhaltung der Sehkraft des Klägers elementare augenärztliche Abschlussuntersuchung zu veranlassen. Die Beklagte hätte zum Schutz des ihr anvertrauten Klägers zumindest in Absprache mit den Eltern frühzeitig Kontakt mit einem weiterbehandelnden Augenarzt aufnehmen und für einen rechtzeitigen Termin für die Untersuchung des Klägers, beispielsweise durch Vereinbarung eines Untersuchungstermins, sorgen müssen.
Anmerkungen
Das BSG hat mit dieser Entscheidung die Patientenrechte gestärkt und gleichzeitig seine ständige Rechtsprechung fortgeführt. Neu ist insoweit die konkrete Forderung des BGH an die Krankenhausträger, im Rahmen der Entlassplanung auch eine weitere Behandlung nötigenfalls vollständig zu organisieren und insoweit für die Vereinbarung eines Untersuchungstermins selbst zu sorgen. Wie der BGH aber festgestellt hat, orientiert sich die Verantwortlichkeit und der Maßstab an die durchzuführenden Entlassmaßnahmen stets an den Umständen des jeweiligen Einzelfalls. Somit kann im Rahmen der Entlassplanung auch von einem Krankenhausträger nur das Verhalten verlangt werden, das aufgrund der jeweiligen medizinischen Gründen des Einzelfalls geboten ist. Dennoch wird durch diese Entscheidung die Bedeutung einer gewissenhaften und rechtzeitigen Entlassplanung besonders deutlich.
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Datum: 23.08.2024 08:56:49 Grösse: 0.00 KByte |
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Unterschrift unter der Abrechnungs-Sammelerklärung | ||
Soweit der Honorarverteilungsmaßstab einer Kassenärztlichen Vereinigung verlangt, dass eine Abrechnungs-Sammelerklärungen nur durch den ärztlichen Leiter eines MVZ zu unterschreiben ist, genügt die alleinige Unterschrift des Geschäftsführer des MVZ nicht und die Einrichtung verliert insoweit ihren Honoraranspruch. Derartige Formvorschriften sind mit höherrangigem Recht vereinbar.
BSG, Urteil vom 13.12.2023, B 6 KA 15/22 R
– Honorarverteilung gem. § 87b Abs 1 Satz 2, Abs 2 SGB V, Honorarverteilungsmaßstab, Garantiefunktion der Unterschrift bei der Abrechnungs-Sammelerklärung –
Sehr geehrte Damen und Herren,
das BSG hatte sich mit der Frage nach der „richtigen“ Unterschrift auf der Abrechnungs-Sammelerklärung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) zu befassen, wobei die Rechtsprechung des BSG nicht nur für ein MVZ, sondern auch für Vertragsärzte und Krankenhäuser interessant ist.
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb ein MVZ. Mit Bescheid vom 14.02.2014 hatte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) die Honorarbescheide für die Quartale 2/2013 und 3/2013 aufgehoben und das gesamte Honorar (insgesamt 135.819,69 Euro) zurückgefordert, da die Abrechnungs-Sammelerklärungen nicht - wie es ihr Honorarverteilungsmaßstab (HVM) verlangt - vom ärztlichen Leiter des MVZ unterschrieben worden war, sondern nur vom klägerischen Geschäftsführer. Den von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies die Beklagte zurück.
Klage und Berufung hiergegen blieben ebenfalls erfolglos. Laut dem LSG habe die Beklagte die Honorarbescheide berichtigen und die gezahlten Honorare zurückfordern dürfen. Die Abrechnungen seien formal fehlerhaft gewesen, weil die Abrechnungs-Sammelerklärungen nicht durch den ärztlichen Leiter des MVZ unterzeichnet worden seien, sondern von dem klägerischen Geschäftsführer, der selbst weder angestellter Arzt des MVZ noch Vertragsarzt gewesen sei. Das im HVM geregelte Unterschriftserfordernis sei hierbei mit höherrangigem Recht vereinbar. Träger der vertragsärztlichen Zulassung und der damit verbundenen Rechte und Pflichten sei das MVZ. Der ärztliche Leiter trage dabei die Verantwortung für die ärztliche Steuerung der Betriebsabläufe und die Gesamtverantwortung gegenüber der KÄV.
Mit der Revision rügte die Klägerin eine Verletzung von § 87b Abs 1 Satz 2, Abs 2 SGB V. Nach dieser Vorschrift sei die Beklagte aus Sicht der Klägerin lediglich ermächtigt, in ihrem HVM Regelungen über die Modalitäten der Honorarverteilung zu treffen, etwa Regelungen über die Form und den Zeitpunkt der Abrechnung. Dies beinhalte jedoch nicht das Recht, die Anspruchsberechtigung als solche zu regeln, so dass bei einem MVZ ausschließlich der ärztliche Leiter die Unterschrift unter der Abrechnungs-Sammelerklärung zu leisten habe.
Das BSG hat die erhobene klägerische Revision zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Das BSG war der Ansicht, dass der Bescheid vom 14.2.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides weder formell noch materiell rechtswidrig gewesen sei. Die Beklagte habe die Honorarabrechnungen des MVZ für die Quartale 2/2013 und 3/2013 zutreffend vollständig aufgehoben, da die von dem MVZ eingereichten Abrechnungs-Sammelerklärungen nicht von einem ärztlichen Leiter unterzeichnet gewesen seien.
Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung sei § 106a Abs 2 SGB V. Danach stelle die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen fest. Die insofern durchgeführte Abrechnungsprüfung ziele auf die Feststellung ab, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots - erbracht und abgerechnet worden seien.
Die Befugnis zu Richtigstellungen bestehe dabei auch für bereits erlassene Honorarbescheide und bedeute eine (teilweise) Rücknahme des Honorarbescheides. Die Auffassung des LSG sei nicht zu beanstanden. Vertragsärztliche Leistungen müssen nicht nur rechtmäßig erbracht, sondern auch rechtmäßig abgerechnet werden. Auch eine ordnungsgemäß erbrachte Leistung könne damit Gegenstand einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung sein, wenn bei ihrer Abrechnung - mit Ausnahme bloßer Formvorschriften ohne materiellen Gehalt - Regelungen des Vertragsarztrechts verletzt worden seien.
Laut den Regelungen der HVM sei durch die Unterschrift zu bestätigen, dass der Unterzeichner die Verantwortung für die Erfüllung der Abrechnungsvoraussetzungen trage, weil er sie selbst erfülle oder sich von deren Erfüllung persönlich überzeugt habe. Bei einem MVZ und bei Krankenhäusern sei dabei die Unterschrift des ärztlichen Leiters erforderlich. Aus Sicht des BSG führe sogar ohne explizite Regelung im HVM das Fehlen einer Unterschrift oder die Unterschrift einer unzuständigen Person unter der Abrechnungs-Sammelerklärung zur zwingenden sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honorarabrechnung, da die Abgabe einer ordnungsgemäßen Abrechnungs-Sammelerklärung keine Formvorschrift, sondern vielmehr eine eigenständige Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Vergütung der erbrachten Leistungen sei.
Wenn die Garantiefunktion der Abrechnungs-Sammelerklärung mangels (korrekter) Unterschrift gar nicht erst entstanden sei und somit eine Voraussetzung für die Festsetzung des Honoraranspruches fehle, sei der auf der Honorarabrechnung beruhende Honorarbescheid rechtswidrig. Auch entspreche es der ständigen BSG-Rechtsprechung, dass die KÄV im HVM Regelungen zu den Modalitäten der Abrechnung gemäß § 87b Abs 1 Satz 2 treffen dürfe. Das Erfordernis im HVM, die Abrechnungs-Sammelerklärung eines MVZ von dessen ärztlichem Leiter unterschreiben zu lassen, verstoße insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht. Anders als der nichtärztliche Geschäftsführer eines MVZ habe der ärztliche Leiter die medizinische Fachkompetenz, die ihn zur Überprüfung befähigt, ob die von den einzelnen Ärzten angegebenen Behandlungsvorgänge so stattgefunden haben können und somit als Grundlage für eine stimmige Quartalsabrechnung taugen. Mit seiner Unterschrift erkläre der Unterzeichner, dass nach eigener Überprüfung die Angaben in der Abrechnungs-Sammelerklärung zutreffend seien.
Anmerkungen
Diese BSG-Entscheidung macht einmal mehr deutlich, dass die formellen Voraussetzungen für die Entstehung eines Vergütungsanspruchs ebenso zu beachten sind wie materielle Voraussetzungen.
Bei einem MVZ und bei Krankenhäusern ist die Unterschrift des ärztlichen Leiters unter der Abrechnungs-Sammelerklärung zwingend erforderlich, soweit dies von den Regelungen des Honorarverteilungsmaßstabs der jeweils zuständigen KÄV verlangt wird. Andernfalls darf die Vergütung versagt oder bereits erlassenen Honorarbescheide wieder zurückgenommen und das gesamte Honorar zurückgefordert werden.
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Datum: 23.05.2024 08:55:10 Grösse: 0.00 KByte |
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Ruhen der Zulassung als milderes Mittel gegenüber der Zulassungsentziehung | ||
Stellt ein Medizinisches Versorgungszentrums (MVZ) einen Antrag auf Verlegung seines Sitzes, stellt ein Ruhen der Zulassung des MVZ während der Entscheidung über diesen Antrag ein milderes Mittel gegenüber der Zulassungsentziehung dar. Das Ruhen muss dabei auch dann in Erwägung gezogen werden, selbst wenn das MVZ seit über sechs Monaten nicht mehr die erforderlichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt hat.
BSG, Urteil vom 19.07.2023, B 6 KA 5/22 R
– Zulassungsentziehung, Verhältnismäßigkeit, Maßnahme des Ruhens der Zulassung als milderes Mittel, Sitzverlegungsantrag –
Sehr geehrte Damen und Herren,
das BSG hatte in dieser Entscheidung über die Verhältnismäßigkeit verschiedener Maßnahmen zu urteilen, die dem Zulassungs- bzw. Berufungsausschuss gegenüber Vertragsärzten oder einem MVZ zur Verfügung stehen, wenn diese die erforderlichen Zulassungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllen und dabei (in der Vergangenheit) nicht mehr ausreichend ihrer Aufgabe der vertragsärztlichen Versorgung nachgekommen sind.
Sachverhalt
Die klagende GmbH ist Trägerin eines seit 2011 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) mit zwei angestellten Ärzten. Beide Ärzte waren fachbezogen als ärztliche Leiter des MVZ bestellt. Mit Wirkung vom 01.12.2012 reduzierten sie ihre Arbeitszeit von ursprünglich 40 auf zwölf Wochenstunden. Seit dem 01.01.2013 waren beide Ärzte außerdem im Umfang von jeweils 31 Stunden wöchentlich in einem anderen MVZ als angestellte Ärzte vertragsärztlich tätig.
Trotz der Reduzierung der Arbeitszeiten veränderten sich die vom MVZ abgerechneten Fallzahlen zunächst nicht. In den Quartalen 1/2012 bis 2/2013 rechnete das MVZ durchschnittlich 8.121 Fälle pro Quartal ab. Im Quartal 3/2013 reduzierten sich die Fallzahlen dann auf 679 Fälle, im Quartal 4/2013 wurden keine Fälle und in den nachfolgenden Quartalen lediglich vereinzelt Fälle abgerechnet.
Nachdem der Zulassungsausschuss im Februar 2014 erfuhr, dass die Laborräume des MVZ seit einem halben Jahr leerstanden, hörte er die Klägerin zu einer möglichen Zulassungsentziehung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit an. Die Klägerin beantragte hierauf im März 2014, ihr die Verlegung des Vertragsarztsitzes mit Wirkung vom 03.04.2014 zu genehmigen. Eine Verlegung des Sitzes sei bereits zum Oktober 2013 geplant gewesen. Die hierfür erforderlichen Gespräche zur Mitnutzung eines anderen Labors hätten sich aber länger als erwartet hingezogen. Eine Vertragsunterzeichnung sei daher erst im Februar 2014 erfolgt.
Der Zulassungsausschuss entzog dem MVZ der Klägerin dennoch mit Wirkung vom 03.07.2014 die Zulassung. Das MVZ habe seine vertragsärztliche Tätigkeit seit neun Monaten nicht ausgeübt. Eine beabsichtigte Praxisverlegung oder Schwierigkeiten bei den Vertragsverhandlungen rechtfertigten nicht die Einstellung der vertragsärztlichen Tätigkeit.
Das Widerspruchsverfahren der Klägerin vor dem Berufungsausschuss blieb ohne Erfolg. Das angerufene Sozialgericht hat den Widerspruchsbescheid vom 19.12.2014 aufgehoben und den beklagten Berufungsausschuss verurteilt, über den Verlegungsantrag der Klägerin erneut zu entscheiden. Die Zulassungsentziehung sei unverhältnismäßig, da die Voraussetzungen für die Anordnung des Ruhens des Verfahrens - zunächst für die Zeit der Entscheidung über den Verlegungsantrag - vorgelegen hätten.
Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen, da der Beklagte der Klägerin die Zulassung habe entziehen dürfen, da diese ihre vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt habe und darüber hinaus die Gründungsvoraussetzungen des MVZ über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten weggefallen seien.
Die Klägerin legte daraufhin gegen das Urteil des LSG Revision beim BSG ein.
Entscheidungsgründe
Das BSG entschied, dass die Revision begründet sei. Die Voraussetzungen für eine Entziehung der Zulassung haben damals nicht vorgelegen.
Gemäß § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V ist die Zulassung zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Dieser Tatbestand gelte auch für ein MVZ, wie sich generell aus der Verweisung des § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V und speziell aus dem Verhältnis des § 95 Abs 6 zu dessen Abs 1 SGB V ergebe.
Einem MVZ sei darüber hinaus nach § 95 Abs 6 Satz 3 SGB V in der bis zum 22.7.2015 noch geltenden und daher hier einschlägigen Fassung des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des § 95 Abs 1 Satz 4 und 5 SGB V aF länger als sechs Monate nicht mehr vorgelegen haben.
Im vorliegenden Fall habe das MVZ zwar zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung des Beklagten die vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt, womit es zugleich an einer fachübergreifenden Tätigkeit fehle. Die Entziehung der Zulassung sei jedoch vor dem Hintergrund der beabsichtigten Sitzverlegung nicht verhältnismäßig gewesen.
Der beklagte Berufungsausschuss sei unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit gehalten gewesen, als mildere Maßnahme das Ruhen der Zulassung anzuordnen. Das Ruhen der Zulassung könne nach § 95 Abs 5 SGB V i. V. m. § 26 Ärzte-ZV angeordnet werden, wenn das MVZ die Tätigkeit eine Zeit lang nicht ausüben könne. Voraussetzung sei, dass die Wiederaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit in angemessener Frist zu erwarten sei und dem Ruhen Gründe der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegenstehen.
Wird ein Sitzverlegungsantrag gestellt, der nicht von vorneherein ohne Aussicht auf Erfolg ist, müsse dieser in die zu treffende Prognoseentscheidung einbezogen werden. Dabei stehe der Ruhensanordnung nicht entgegen, dass das MVZ seine Tätigkeit am alten Standort bereits eingestellt habe. Die Verlegung des Vertragsarztsitzes setze nicht voraus, dass bei Antragstellung noch ein Praxissubstrat vorhanden sei. Ein Ruhen der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung könne auch dann angeordnet werden, wenn ein MVZ aufgrund der Nichtausübung der Tätigkeit mehr als sechs Monate nicht fachübergreifend tätig gewesen sei. Auch wenn das Zulassungsgremium zu dem Ergebnis komme, dass von der beabsichtigten Verlegung nachteilige Auswirkungen für die Versorgung der Versicherten zu besorgen seien, führe dies noch nicht per se zur Ablehnung der Genehmigung.
Anmerkungen
Die Entscheidung zeigt, dass die entsprechenden Kontrollgremien zunächst alle zur Verfügung stehenden milderen Maßnahmen prüfen müssen, bevor sie als „ultima ratio“ die Zulassung entziehen dürfen. Nur so wird dem verfassungsrechtlichen Prinzip der Verhältnismäßigkeit entsprochen.
Die Zulassungsgremien haben dabei einen Umstand, wonach die vertragsärztliche Tätigkeit an einem anderen Standort wiederaufgenommen werden soll, ebenso wie alle anderen Umstände, die für oder gegen eine zeitnahe Aufnahme der Tätigkeit sprechen, in ihre Prognoseentscheidung miteinzubeziehen.
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Datum: 20.12.2023 08:17:13 Grösse: 0.00 KByte |
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Ein Arzt muss das Risiko eines Schadenseintritts bei Impfstoffen durch ein defektes Kühlgerät selber tragen und kann das Risiko bzw. den Schaden nicht an die Krankenkassen weitergeben, indem er Ersatzimpfstoffe verordnet. | ||
Ein Arzt muss das Risiko eines Schadenseintritts bei Impfstoffen durch ein defektes Kühlgerät selber tragen und kann das Risiko bzw. den Schaden nicht an die Krankenkassen weitergeben, indem er Ersatzimpfstoffe verordnet. Vielmehr hat der Arzt alle denkbaren Vorkehrungen zu treffen, um einen solchen Schadenseintritt zu verhindern und muss ein verbleibendes Restrisiko beispielsweise durch den Abschluss einer entsprechenden Kühlgutversicherung absichern. BSG, Urteil vom 29.06.2022, B 6 KA 14/21 R - Regressanspruch, Wirtschaftlichkeitsgebot, Schadenseintritt wegen defektem Kühlgerät – Sehr geehrte Damen und Herren, das BSG hat entschieden, dass ein Arzt das Risiko eines Schadenseintritts bei Impfstoffen durch ein defektes Kühlgerät selber trägt. Daher ist eine entsprechende Verordnung von Ersatzimpfstoffen bei den Krankenkassen für die unbrauchbaren Impfstoffe nicht zulässig. Der Arzt hat den Schaden selbst zu tragen. Sachverhalt Die Klägerin, eine kinderärztliche Berufsausübungsgemeinschaft, bezog Impfstoff im Rahmen von Sprechstundenbedarf. Sie stellte eines Tages fest, dass es zu einer mehrstündigen Unterschreitung der vorgesehenen Kühltemperatur gekommen war. Grund hierfür war das Klemmen eines Relais im Regler des Kühlschrankverdichters. Die Klägerin ließ die betroffenen Impfstoffe nach Rücksprache mit den Impfstoffherstellern und mit dem Apotheker, von dem sie die Impfstoffe bezogen hatte, vernichten. Die Fehlfunktion des Kühlschranks und die Vernichtung der Impfstoffe zeigte die Klägerin bei der Rezeptprüfungsstelle und bei der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung an. In der Folgezeit beschaffte die Klägerin erneut Impfstoff, den sie größtenteils als Ersatz für den vernichteten Impfstoff zulasten der gesetzlichen Krankenkasse im Rahmen des Sprechstundenbedarfs verordnete. Die Prüfstelle setzte gegen die Klägerin einen Regress in Höhe der Nettoverordnungskosten des ersatzweise beschafften Impfstoffes fest. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der beklagte Beschwerdeausschuss zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Verordnung des ersatzweise beschafften Impfstoffs zulasten der gesetzlichen Krankenkasse unzulässig gewesen sei. Das Risiko für den Untergang von Impfstoff trage der jeweilige Arzt. Die dagegen erhobene Klage wies das Sozialgericht jedoch ab. Die von der Klägerin eingelegte Sprungrevision hat das BSG zurückgewiesen, da die ersatzweise Verordnung des Impfstoffes als unwirtschaftliches Verhalten zu werten sei. Entscheidungsgründe Das BSG ist der Auffassung, dass das Sozialgericht beanstandungsfrei entschieden habe. Die Rechtsgrundlage des festgesetzten Regresses ergebe sich aus § 13 der im Bezirk der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung geltenden „Prüfvereinbarung gemäß § 106 SGB V“ i. V. m. § 106 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 S.4 SGB V. Nach § 13 Abs. 1 S. 1 der Prüfvereinbarung prüfe die Prüfstelle auf Antrag, ob der Arzt durch veranlasste oder verordnete oder selbst erbrachte Leistungen im einzelnen Behandlungs- bzw. Verordnungsfall gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen habe. Daneben überwache die Krankenkasse und die Kassenärztliche Vereinigung nach § 106 Abs. 1 S. 1 SGB V die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die ersatzweise Verordnung des Impfstoffes habe sich als unwirtschaftlich nach § 13 der Prüfvereinbarung i. V. m. § 106 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 S. 4 SGB V a. F. erwiesen. Der Begriff der „Wirtschaftlichkeit“ bestimme die Relation zwischen dem Kostenaufwand und dem Nutzen in Form des Heilerfolgs. Die Verpflichtung des Vertragsarztes zu wirtschaftlichem Handeln gelte für jedwede ärztliche Tätigkeit. Die Ersatz-Impfstoffverordnungen seien unzulässig gewesen. Denn diese hätten nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ergehen dürfen. Der dadurch entstandene Kostenaufwand sei unwirtschaftlich, da ihm kein entsprechender Nutzen gegenüberstehe. Der Schaden der Krankenkassen bestehe darin, dass sie erneut Impfstoffe haben zahlen müssen, nachdem die zuvor bereits verordneten und von den Krankenkassen bezahlten Impfstoffe vernichtet worden seien, ohne dass sie den Versicherten zugutegekommen seien. Soweit der Arzt in seiner Arztpraxis Impfstoffe aufbewahrt, liege es in seinem Verantwortungsbereich, dass die für die Lagerung von Impfstoffen geltenden Vorgaben – insbesondere im Hinblick auf die Kühlung – eingehalten werden. Zwar können technische Fehler eines Medikamentenkühlschranks nie vollständig ausgeschlossen werden. Das Risiko eines Schadenseintritts könne aber der Arzt als Betreiber seiner Praxis in weitem Umfang beeinflussen. Durch Auswahl, Wartung und Überwachung der Praxisausstattung könne die Gefahr von Sachschäden so gering wie möglich gehalten werden. Hinzu komme, dass der Arzt im gewissen Rahmen Einfluss auf die Menge des gelagerten Impfstoffes habe. In welchem Umfang der Arzt Vorsorge zur Vermeidung eines durch den Ausfall eines Kühlgeräts verursachten Schadens treffe, unterliege allerdings seiner unternehmerischen Entscheidung und könne weder von den Prüfgremien noch von den Krankenkassen im Einzelnen kontrolliert werden. Bei typisierender Betrachtung, die der Wirtschaftlichkeitsprüfung in gewisser Weise immanent sei, sei es nicht zu beanstanden, die Verantwortung für den Eintritt eines Sachschadens aufgrund rein technischer Fehlfunktionen des Kühlschranks, die zu einer Fehlkühlung von Impfstoffen führen, dem Arzt zuzuweisen. Praxis und Praxisausstattung seien dem Einflussbereich der Krankenkassen entzogen. Insbesondere haben diese in der einzelnen Vertragsarztpraxis keinen Einfluss darauf, welchem Standard angeschaffte technische Geräte entsprechen und wie diese gewartet sowie sonst überwacht werden. Vor diesem Hintergrund könne der Arzt dem Regressanspruch nicht entgegenhalten, dass das Versagen des technischen Geräts im konkreten Schadensfall nicht zu vermeiden gewesen sei, da es bei der Frage der Wirtschaftlichkeit ärztlicher Verordnungsverhaltens nach ständiger Rechtsprechung nicht auf ein vorwerfbares Verschulden des Arztes ankomme. Anmerkungen Das BSG stellt klar, dass bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch ihre Typisierung nicht das individuell vorwerfbare Verschulden bei der Frage von Regressansprüchen in den Mittelpunkt gerückt wird. Es macht dabei konkrete Vorschläge, um das Risiko zu minimieren. So spricht sich das BSG für den Abschluss einer entsprechenden Kühlgutversicherung und die Verwendung von Geräten aus, die über spezielle Sicherheitseinrichtung verfügen, die ein Abkühlen auf unter 2° C verhindern können. Beim Ausfall einer solchen Sicherheitseinrichtung komme laut dem BSG unter Umständen eine zivilrechtliche Haftung des Herstellers des Kühlschranks in Betracht. Es bleibt jedoch in der generellen Verantwortung der jeweiligen Ärzte alle denkbaren Vorkehrungen zu treffen, um Sachschäden zu verhindern. Etwas anderes gilt jedoch in Fällen höherer Gewalt (Naturereignisse, Unterbrechung der allgemeinen öffentlichen Stromversorgung). |
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Datum: 17.04.2023 11:40:56 Grösse: 0.00 KByte |
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Notfallleistungen des Krankenhauses | ||
Bei der Beurteilung der Frage durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV), ob die Voraussetzungen einer Notfallbehandlung im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vorgelegen haben, besteht kein der gerichtlichen Prüfung entzogener Entscheidungsspielraum für die KV. Ohne eine normative Grundlage besteht keine Pflicht des Vertragsarztes (i.S.d. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) zur einzelfallbezogenen Begründung der in Ansatz gebrachten Gebührenziffern bereits mit Einreichung der Honorarabrechnung bzw. im Widerspruchsverfahren. Der Vertragsarzt hat auch im gerichtlichen Verfahren noch die Möglichkeit, die Erforderlichkeit der Notfallbehandlung zu begründen.
BSG-Urteil vom 26.06.2019, Az. B 6 KA 68/17 R
- Notfallambulanz des Krankenhauses, Notfallleistungen, Präklusion, sachlich-rechnerische Richtigstellung, Erstversorgung, Notfallbehandlung -
Sehr geehrte Damen und Herren,
in einigen Fällen vertritt die KV nach wie vor die Auffassung, dass ein Krankenhaus, das im Sinne von § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V im Notfall vertragsärztliche Leistungen erbringt, einem besonderen Begründungszwang unterliegt. Teilweise wird auch die Auffassung vertreten, die Begründung von Art und Umfang der Notfallleistung könnte nur bis zum Ende des Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren geltend gemacht werden. Hierzu liegt bereits seit 2019 das vorgenannte Urteil des BSG vor, das nach wie vor aktuell ist. Das BSG stellt fest, dass auch im Rahmen des sich anschließenden Gerichtsverfahrens der Sachverhalt von den Sozialgerichten aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes zu klären ist und das Krankenhaus nicht ausgeschlossen ist, auch im Sozialgerichtsverfahren eine Begründung von Art und Umfang der Notfallleistungen abzugeben. Dies sollte bei Abrechnungsstreitigkeiten beachtet werden.
Sachverhalt
Ein Krankenhaus erbrachte im Quartal 2/2014 in seiner Notfallambulanz ambulante Leistungen und berechnete diese unter Vorlage der Notfallscheine gegenüber der KV ab. Die KV kürzte die Honorarabrechnung in Bezug auf laboratoriumsmedizinische und radiologische Leistungen (Kapitel 32 und 34 EBM-Ä) sowie in Bezug auf Leistungen im Rahmen von kleinchirurgischen Eingriffen. Hiergegen legte das Krankenhaus Widerspruch ein. Der Widerspruch wurde von der KV zurückgewiesen.
Das SG verurteilte die KV unter Aufhebung des Bescheides dazu, über den Vergütungsanspruch des Krankenhauses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Hiergegen legte die KV Berufung ein. Diese hob das Urteil des SG auf und wies die Klage ab. Das LSG vertrat die Auffassung, dass das Krankenhaus bei den betreffenden Notfallleistungen die zur Begründung seines Anspruchs dienenden Tatsachen spätestens im Widerspruchsverfahren anzugeben habe. Im gerichtlichen Verfahren sei das Krankenhaus mit entsprechenden Darlegungen ausgeschlossen.
Auf die Revision des Krankenhauses hob das BSG das Urteil des LSG auf und wies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück.
Entscheidungsgründe
Ausgangspunkt für das BSG ist, dass einem Krankenhaus gemäß § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V ein Vergütungsanspruch nur für Notfallbehandlungen zusteht. Notfallleistungen von nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten (hier: Krankenhaus) dürfen nur berechnet werden, wenn die Erkrankung des Patienten aufgrund ihrer Beschaffenheit einer sofortigen Maßnahme bedarf und die Versorgung durch einen Vertragsarzt entsprechend § 76 SGB V nicht möglich und/oder aufgrund der Umstände nicht vertretbar ist. Dabei handelt es sich nur um Notfallleistungen, die auf die Erstversorgung ausgerichtet sind. In einer Krankenhausambulanz dürfen weder reguläre vertragsärztliche Behandlungen durchgeführt werden, die dem Umfang und der Ausrichtung nach über die Notfallversorgung hinausgehen, noch darf das Krankenhaus regulär Sprechstunden anbieten.
In diesem Zusammenhang wies es die Auffassung des LSG zurück, dass nur Begründungen bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens berücksichtigt werden dürfen. Vielmehr seien auch die im gerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse zu berücksichtigen. Der Krankenhausarzt muss sich zumindest über die Beschwerden des Patienten und dessen Zustand unterrichten, ehe er eine Entscheidung über das weitere Vorgehen trifft. Bereits diese orientierende Befragung und Untersuchung sei eine ärztliche Tätigkeit, die einen Vergütungsanspruch auslöst. Je nach Umständen des Einzelfalles können hierbei auch diagnostische oder therapeutische Maßnahmen erforderlich sein. Ein Vergütungsanspruch besteht für solche diagnostischen und therapeutischen Leistungen nur, wenn sie erforderlich sind, um zu erkennen, ob ein Notfall vorliegt oder die ggf. für eine Erstversorgung des Patienten erforderlich erscheinen. Dabei habe sich die Erstversorgung darauf zu konzentrieren, Gefahren für Leib und Leben abzuwehren sowie unzumutbaren Schmerzen der Patienten zu begegnen sowie die Notwendigkeit einer stationären Behandlung abzuklären. Im Einzelfall können hierzu auch radiologische Untersuchungen und kleinchirurgische Eingriffe gehören. Auch Laboruntersuchen können in Betracht kommen, wenn etwa ein Zusammenhang mit einer chirurgischen Erstversorgung besteht.
In diesem Zusammenhang weist das BSG die Auffassung des LSG zurück, das Krankenhaus sei im gerichtlichen Verfahren mit weiteren Begründungen ausgeschlossen. Hierfür gäbe es keine Rechtsgrundlage. Die Grundsätze, die für Wirtschaftlichkeitsprüfungen gelten, fänden vorliegend keine Anwendung. Die KV habe im Gegensatz zu den paritätisch besetzten Prüfgremien bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung keinen Entscheidungsspielraum, der einer gerichtlichen Prüfung entzogen sei.
Anmerkungen
Das BSG hat nunmehr eindeutig geklärt, dass ein Krankenhaus, das Notfallleistungen abrechnet, nicht ausgeschlossen ist, auch im Laufe eines Rechtsstreites Begründungen zu den Notfallleistungen nachzuholen. Des Weiteren hat es unmissverständlich festgestellt, dass die KV nur bei bestehender Rechtsgrundlage Anforderungen an die Begründung von Notfallleistungen aufstellen darf. Diese müssten zudem eindeutig und verständlich formuliert und mit vertretbarem Aufwand umsetzbar sein. Für den Leistungserbringer müsse immer erkennbar sein, was er in welchem Vordruck bzw. in welchem Feld einer Eingabemaske am Bildschirm einzutragen habe, damit evtl. bestehenden formalen Begründungsanforderungen entsprochen werde. Entsprechende rechtliche Vorgaben, z. B. im Rahmen des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM), bestünden jedoch nicht.
Soweit Krankenhäuser noch entsprechende Rechtsstreitigkeiten anhängig haben, wird von hier aus empfohlen, die erbrachten Notfallleistungen noch im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits zu begründen. Wegen des damit verbundenen Aufwandes kommt allerdings auch eine vergleichsweise Einigung in Betracht, wenn sie den Interessen beider Seiten gerecht wird.
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letzte Änderung: 16.09.2020 08:31:48 |
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Umzug der Kanzlei für MedizinRecht | ||
Umzug der Kanzlei für MedizinRecht Rechtsanwalt Friedrich W. Mohr Fachanwalt für Medizinrecht
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit darf ich Ihnen mitteilen, dass wir zum 01.12.2019 in andere Büroräumlichkeiten umziehen werden.
Die neue Adresse lautet:
Kanzlei für MedizinRecht Rechtsanwalt Friedrich W. Mohr Diether-von-Isenburg-Straße 9-11, 5. OG 55116 Mainz____________________________
Am Kurfürstlichen Schloss _______________________________________ Tel. 06131 / 6179890 Fax. 06131 / 6179899
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Datum: 21.11.2019 16:35:38 Grösse: 0.00 KByte |
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Newsletter: Notdienst Ermaechtigte Krankenhausaerzte | ||
Ermächtigte Krankenhausärzte sind nicht verpflichtet am ärztlichen Bereitschaftsdienst (Notdienst) der KV teilzunehmen.
Urteil des BSG vom 12.12.2018, Az: B 6 KA 50/17 R
- Ermächtigte Krankenhausärzte, Notdienst, Bereitschaftsdienst, ärztlicher Notdienst der KV - Sehr geehrte Damen und Herren, vorliegend ging es um die Rechtsfrage, ob ein ermächtigter Krankenhausarzt an dem ärztlichen Bereitschaftsdienst (Notdienst) der KV Hessen teilnehmen muss. Dies hat das BSG mit überzeugenden Gründen verneint. Sachverhalt Der klagende Oberarzt eines Krankenhauses ist zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 116 SGB V ermächtigt worden. Die 2013 geänderte Bereitschaftsdienstordnung der KV Hessen sieht vor, dass auch alle ermächtigten Krankenhausärzte am ärztlichen Bereitschaftsdienst (Notdienst) teilnehmen müssen. Der Oberarzt wendete sich vorliegend gegen die Heranziehung zum Notdienst mit der Klage. Während die erste Instanz seine Klage abwies hob das LSG das Urteil des SG auf und stellte fest, dass der Bescheid der beklagten KV über die Einteilung des Oberarztes zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst rechtswidrig ist. Hiergegen legte die KV Revision ein, die allerdings keinen Erfolg hatte. Entscheidungsgründe Das BSG kommt zur Rechtsauffassung, dass die Regelung in § 3 Abs. 1 der Bereitschaftsdienstordnung der KV Hessen, die die Heranziehung von ermächtigten Ärzten zum ärztlichen Bereitschaftsdienst (Notdienst) vorsieht, mit höherrangigem Recht nicht vereinbar ist. Das BSG knüpft insoweit an den Zulassungsstatus des ermächtigten Arztes an. Der ermächtigte Arzt ist nur für bestimmte Leistungen in die ambulante Versorgung der Versicherten eingebunden. Insoweit stelle die Ermächtigung einen grundsätzlich anderen Grad der Einbeziehung in die vertragsärztliche Versorgung als die Zulassung dar. Aufgrund seiner Rechtsstellung sei der ermächtigte Arzt nicht für die Sicherstellung der vertragsärztlichen ambulanten Versorgung „rund um die Uhr“ verantwortlich. Anmerkung Dem Urteil des BSG ist voll zuzustimmen. Das BSG stellt insbesondere heraus, dass zwischen der Ermächtigung eines Krankenhausarztes und der Zulassung eines Vertragsarztes ein wesentlicher Unterschied besteht. Schließlich stellt die Ermächtigung nur eine „Nebentätigkeit“ zur hauptberuflichen Tätigkeit des angestellten Arztes im Krankenhaus dar. Würde man von einer Verpflichtung zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst (Notdienst) der KV ausgehen, würde auch in das Dienstverhältnis mit dem Krankenhausträger als Arbeitgeber eingegriffen. Schließlich kann der angestellte ermächtigte Arzt nicht über seine Arbeitszeit frei verfügen, sondern unterliegt dem Direktionsrecht des Krankenhauses. |
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letzte Änderung: 26.02.2019 11:11:56 |
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Newsletter Belegarzt | ||
Die stationäre Tätigkeit eines Belegarztes ist auf den Versorgungsauftrag des jeweiligen Krankenhauses beschränkt. Entsprechend den Festlegungen des Krankenhausplans zur Anzahl der dem Krankenhaus zur Verfügung stehenden Belegbetten wird der belegärztliche Versorgungsauftrag quantitativ beschränkt. Urteil des BSG vom 29.11.2017, Az.: B 6 KA 33/16 R - Belegbetten, Belegarzt, Anerkennung als Belegarzt, Versorgungsauftrag, Beschränkung, Belegarztvertrag, sachlich-rechnerische Richtigstellung, vertragsärztliches Honorar -
Sehr geehrte Damen und Herren, das BSG musste im vorliegenden Fall der Frage nachgehen, ob die planerische Ausweisung von Belegbetten den belegärztlichen Versorgungsauftrag quantitativ beschränkt. Es hat dies bejaht. Sachverhalt Der Kläger ist Belegarzt (Facharzt für HNO) und wendet sich gegen eine sachlich-rechnerische Richtigstellung seines vertragsärztlichen Honorars durch die KÄV. Diese vertrat die Auffassung, der Kläger hätte über seinen Versorgungsauftrag als Belegarzt hinaus belegärztliche Leistungen erbracht. Im Belegarztvertrag war geregelt, dass dem Belegarzt die im Krankenhausplan ausgewiesenen Planbetten der HNO-Abteilung (5 Betten) zur Verfügung stünden, er aber bei Bedarf auch anderweitig nicht belegte Betten des Krankenhauses nutzen könne. Auf der Grundlage dieses Belegarztvertrages wurde die Belegarztanerkennung ausgesprochen. In dem Anerkennungsbescheid wird ausgeführt, dass für die belegärztliche Tätigkeit die im Krankenhausplan ausgewiesenen 5 HNO-heilkundlichen Belegbetten zur Verfügung stünden. Die KÄV stellte anschließend fest, dass der Belegarzt für seine belegärztliche Tätigkeit über den Umfang von 5 Belegbetten hinaus vertragsärztliches Honorar abgerechnet habe. Insoweit habe er ärztliches Honorar ohne Rechtsgrund erhalten, so dass der Honoraranspruch um 22.005,00 € zu reduzieren sei. Die Klage hatte in I. und II. Instanz keinen Erfolg. Das BSG wies die Revision zurück. Entscheidungsgründe Das BSG hat festgestellt, dass gegen die nachgehende Richtigstellung und Rückforderung bereits zuerkannten vertragsärztlichen Honorars durch die KÄV keine Einwände bestehen. Der mit der Belegarztanerkennung eröffnete Versorgungsauftrag bezog sich auf 5 HNO-Belegbetten. Belegärztliche Leistungen, die darüber hinausgehen, seien ohne Berechtigung erbracht worden. Dabei stützt sich das BSG auf den Bescheid zur Belegarztanerkennung, der auf 5 ausgewiesene HNO-Belegbetten abstellt. Die Belegarztanerkennung sei daher vom Umfang auf 5 Belegbetten beschränkt. Diese Festlegung sei nicht als Mindestanzahl zu verstehen, die jederzeit im beliebigen Umfang aufgestockt werden könne. Damit war die belegärztliche Tätigkeit auf 5 HNO-Betten quantitativ begrenzt. Selbst wenn im Anerkennungsbescheid keine quantitative Vorgabe bestanden hätte, richte sich der Umfang der belegärztlichen Tätigkeit qualitativ und quantitativ nach dem Versorgungsauftrag des betreffenden Krankenhauses. Belegärztliche Leistungen werden ausschließlich im Rahmen von Krankenhausbehandlungen der Versicherten erbracht. Sie müssen daher neben den vertragsarztrechtlichen auch den krankenhausrechtlichen Vorgaben genügen. Der Umfang einer rechtskonformen belegärztlichen Tätigkeit richtet sich bei Plankrankenhäusern nach den Festlegungen und Vorgaben der Landeskrankenhausplanung, insbesondere nach der dort angegebenen zugelassenen Bettenzahl. Insoweit bestehe eine „Versorgungsakzessorietät“ (BSG, a.a.O., Rdz. 30). Demgegenüber komme einer Regelung im Belegarztvertrag keine weiterreichende Bedeutung zu. Der Umfang des belegärztlichen Versorgungsauftrags wird nicht vom Belegarztvertrag mit dem Krankenhaus, sondern von der Belegarztanerkennung bestimmt. Auch der in engen Grenzen nach der Krankenhausplanung des Saarlandes zulässige „interdisziplinäre Bettenausgleich“ habe keine unmittelbare rechtsgestaltende Wirkung hinsichtlich des Inhalts einer Belegarztanerkennung. Im Übrigen sei diese landesrechtliche Regelung nicht revisibel. Anmerkungen Nach dem Urteil des BSG wird der qualitative und quantitative Umfang der belegärztlichen Tätigkeit im Krankenhaus vom Versorgungsauftrag des jeweiligen Krankenhauses und dem Inhalt der Belegarztanerkennung bestimmt. Dabei misst das BSG der „Versorgungsakzessorietät“ besondere Bedeutung zu. Wird einem Krankenhaus im Rahmen des planerischen Feststellungsbescheides eine bestimmte Zahl von Belegbetten zugewiesen, ist dies auch für die belegärztliche Tätigkeit maßgeblich und darf im Durchschnitt nicht überschritten werden. Dabei stellt sich die Frage, wie zu verfahren ist, wenn die Krankenhausplanung es dem Krankenhausträger überlässt, im Rahmen des zugewiesenen Fachgebietes eine Hauptabteilung und/oder Belegabteilung zu führen. Ausgehend von der Rechtsprechung des BSG sollte das Krankenhaus gegenüber der Planungsbehörde, den gesetzlichen Krankenkassen und der KÄV die Anzahl der Belegbetten anzeigen, damit der quantitative Umfang der Belegarzttätigkeit eindeutig bestimmbar ist. Der zahlenmäßige Ausweis der Belegbetten sollte dem beabsichtigten Umfang der belegärztlichen Tätigkeit entsprechen. Das vorgenannte Urteil des BSG lässt gleichzeitig erkennen, dass auch der Versorgungsauftrag des Krankenhauses auf die (ggf.) planerisch ausgewiesene Zahl der Belegbetten beschränkt ist (BSG, a.a.O., Rdz. 28). Das Krankenhaus sollte daher ein Augenmerk darauf legen, dass der Umfang der belegärztlichen Tätigkeit sich im Rahmen der Belegarztanerkennung bzw. der planerischen Vorgaben hält, um Rückforderungen der Krankenkassen vorzubeugen. Das Urteil ist hier wiedergegeben. |
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letzte Änderung: 06.08.2018 16:40:33 Grösse: 5,184.55 KByte |
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Newsletter Vertragsärztliche Tätigkeit | ||
Infolge der Änderung des § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV durch das GKV-VStG gibt es ab 01.01.2012 für eine Beschäftigung, die neben der vertragsärztlichen Tätigkeit ausgeübt wird, keine zeitlich starre Vorgabe. Es gibt auch keine Begrenzung der wöchentlichen Höchststundenzahl auf insgesamt 52 Stunden für beide Tätigkeiten. Eine vollzeitige Beschäftigung im Krankenhaus steht jedoch der Zulassung als Vertragsarzt entgegen. BSG, Urteil vom 16.12.2015, Az.: B 6 KA 5/15 R - vertragsärztliche Tätigkeit, Zulassung, Beschäftigung als Krankenhausarzt, Gesamtwochenarbeitszeit, Dauer und zeitliche Lage der Beschäftigung -
Sehr geehrte Damen und Herren, vorliegend befasste sich das BSG mit der Fragestellung, ob einem Facharzt für Transfusionsmedizin, der als beamteter Hochschullehrer in Vollzeit tätig ist, die Zulassung als Vertragsarzt erteilt werden kann. Das Urteil strahlt auch auf die umgekehrte wichtige Fragestellung aus, ob und inwieweit ein Vertragsarzt einer Beschäftigung in einem Krankenhaus nachgehen kann. Sachverhalt Der Kläger ist Facharzt für Transfusionsmedizin und als Beamter auf Lebenszeit an der MHH tätig. Des Weiteren besitzt er eine Ermächtigung im Bereich der Transfusionsmedizin. Im Jahre 2007 stellte er den Antrag an den Zulassungsausschuss, ihm anstelle der Ermächtigung eine Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag zu erteilen. Der Zulassungsausschuss und der Berufungsausschuss lehnte die Zulassung ab. Klage und Berufung des Klägers hatten keinen Erfolg. Das BSG wies die Revision des Klägers gegen das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen zurück. Entscheidungsgründe Rechtlicher Ausgangspunkt der Entscheidung des BSG ist § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV, der durch das GKV-VStG zum 01.01.2012 geändert wurde. Das BSG stellt fest, dass sich aus der Gesetzesbegründung hierzu ergebe, dass der Gesetzgeber eine Flexibilisierung der vertragsärztlichen Berufsausübung erreichen und die zeitlichen Grenzen für Nebenbeschäftigungen der Vertragsärzte lockern wollte. Seit dem 01.01.2012 könne die Erteilung der Zulassung nicht mehr von genau festgelegten zeitlichen Grenzen für die sonstige Beschäftigung abhängig gemacht werden. Die Erteilung der Zulassung könne auch nicht mehr pauschal von der Einhaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von (bisher) 52 Wochenstunden abhängig gemacht werden. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber durch die Änderung von § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV keine Beseitigung, sondern nur eine Lockerung der zeitlichen Grenzen herbeiführen wollte. Neben einer vollzeitigen Tätigkeit als Arzt im Krankenhaus könne eine vertragsärztliche Zulassung auch im Umfang von einem halben Versorgungsauftrag nicht erfolgen. Anmerkungen Aufgrund der Rechtsprechung des BSG bestanden vor der Änderung des § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV durch das GKV-VStG (bis zum 31.12.2011) starre zeitliche Grenzen für die Tätigkeit eines Vertragsarztes im Krankenhaus. Das BSG ging davon aus, dass die Tätigkeitszeiten im Krankenhaus bei einer vollen Zulassung als Vertragsarzt auf 13 Stunden und bei einer halben Zulassung (hälftiger Versorgungsauftrag) auf 26 Stunden begrenzt seien. Als wöchentliche Höchststundenzahl für beide Tätigkeiten stellte das BSG auf insgesamt 52 Stunden ab. Die Überschreitung dieser zeitlichen Grenzen stand einer Zulassung entgegen. Mit der Änderung des § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV durch das GKV-VStG sind diese zeitlichen festen Grenzen ab 01.01.2012 obsolet. Stattdessen stellt das BSG auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles ab. Die Zulassung als Vertragsarzt wird desto eher zu erteilen sein, je deutlicher sich die gleichzeitig ausgeübte Beschäftigung oder sonstige Tätigkeit von einer Vollzeittätigkeit entfernt. § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV i.d.F. des GKV-VStG lautet wie folgt: „Ein Beschäftigungsverhältnis oder eine andere nicht ehrenamtliche Tätigkeit steht der Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit entgegen, wenn der Arzt unter Berücksichtigung der Dauer und zeitlichen Lage der anderweitigen Tätigkeit den Versicherten nicht in dem seinem Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang persönlich zur Verfügung steht und insbesondere nicht in der Lage ist, Sprechstunden zu den in der vertragsärztlichen Versorgung üblichen Zeiten anzubieten.“ Nach der Flexibilisierung von § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV kommt es nunmehr wesentlich darauf an, ob und inwieweit der Vertragsarzt in der Lage ist, den Patienten in einem dem Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang persönlich zur Verfügung zu stehen. Dabei ist zu beachten, dass die Sprechstunden zu den in der vertragsärztlichen Versorgung üblichen Zeiten angeboten werden müssen. Die Tätigkeit bzw. Beschäftigung in einem Krankenhaus kann daher bei voller Vertragsarztzulassung über der bisherigen Stundenzahl von 13 Wochenstunden und bei hälftigem Versorgungsauftrag über der bisherigen Stundenzahl von 26 Wochenstunden liegen. Wann der Vertragsarzt nicht mehr in der Lage ist, seinen Versorgungsauftrag persönlich zu erfüllen, lässt sich aus dem Urteil des BSG nicht konkret entnehmen. Es hat lediglich festgelegt, dass eine vollzeitige Beschäftigung der Zulassung als Vertragsarzt entgegensteht. Für die Praxis ist jedoch von Bedeutung, dass die starre Begrenzung durch eine Höchststundenzahl, wie sie häufig noch von Krankenkassen in Abrechnungsstreitigkeiten vertreten wird, nicht mehr haltbar ist. Das Urteil ist hier wiedergegeben.
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letzte Änderung: 08.08.2018 15:43:30 Grösse: 5,323.70 KByte |
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Newsletter wahlärztliche Leistung | ||
BVerfG bestätigt Urteil des BGH vom 16.10.2014 (III ZR 85/14): Honorarärzte unterfallen nicht dem Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG (Erbringung wahlärztlicher Leistungen) Nichtannahmebeschluss vom 03.03.2015, BVerfG, 1 BvR 3226/14 - wahlärztliche Leistung, Wahlleistungsvereinbarung, Privatabrede, Liquidation, Wahlarztkette, Honorararzt, Konsiliararzt, angestellter Arzt, Kooperationsarzt, beamteter Arzt, gesetzliches Verbot -
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Newsletter vom 10.12.2014 haben wir Sie bereits über die Entscheidung des BGH vom 16.10.2014, Az.: III ZR 85/14, informiert. Danach unterliegen Honorarärzte nicht dem Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG und sind daher nicht berechtigt, wahlärztliche Leistungen abzurechnen.
Der im Rechtsstreit vor dem BGH unterlegene Facharzt für Neurochirurgie hat gegen das Urteil Verfassungsbeschwerde zum BVerfG eingelegt. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Sachverhalt
In einem Krankenhaus war ein niedergelassener Facharzt für Neurochirurgie auf Grund einer Kooperationsvereinbarung als Honorararzt tätig. Eine Anstellung erfolgte nicht. Die bei der Klägerin (ein Privatversicherungsunternehmen) versicherte Patientin schloss eine Vereinbarung über „Behandlung gegen Privatrechnung“ mit dem beklagten Facharzt für Neurochirurgie. Des Weiteren schloss sie mit dem Krankenhaus eine Wahlleistungsvereinbarung.
Nach Durchführung der Operation liquidierte der Beklagte seine ärztlichen Leistungen gegenüber der Patientin. Diese beglich die Rechnung. Die Klägerin erstattete der Patientin den Rechnungsbetrag und ließ sich einen etwaigen Rückforderungsanspruch gegen den Beklagten abtreten.
Die eingelegte Verfassungsbeschwerde des Facharztes für Neurochirurgie wurde nicht zur Entscheidung angenommen.
Entscheidungsgründe
Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, da weder eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsausübungsfreiheit) noch ein Verstoß gegen sonstige Grundrechte ersichtlich ist.
Im Zusammenhang mit der behaupteten Verletzung der Berufsausübungsfreiheit führt das BVerfG aus, dass Leistungserbringer der Wahlleistungen das Krankenhaus und nicht der ausführende Arzt ist. Das Gesetz räume dem – vom Krankenhaus insoweit berechtigten – Wahlarzt in § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG lediglich ein Liquidationsrecht für die von ihm durchgeführten wahlärztlichen Leistungen unmittelbar gegenüber dem Patienten ein (BVerfG, a.a.O., Rdz. 13). Demgegenüber erbringe ein Honorararzt auf Grund eines Dienstvertrages im stationären oder ambulanten Bereich des Krankenhauses ärztliche Leistungen für den Krankenhausträger, ohne bei diesem angestellt oder als Belegarzt oder Konsiliararzt tätig zu sein. Die rechtliche Grundlage für sein Tätigwerden bestehe nicht unmittelbar im Verhältnis zum Patienten, sondern zum auftraggebenden Krankenhausträger (BVerfG, a.a.O., Rdz. 14).
Die vom BGH vorgenommene Auslegung von § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG begegne keinerlei rechtlichen Bedenken. Danach ist § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG nur auf liquidationsberechtigte angestellte oder verbeamtete Krankenhausärzte sowie auf Ärzte, die auf Veranlassung eines angestellten oder verbeamteten Krankenhausarztes Leistungen erbringen, anwendbar. Die Aufzählung in § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG sei abschließend (BVerfG, a.a.O., Rdz. 23).
Anmerkungen
Nunmehr hat auch das BVerfG die Rechtsauffassung des BGH bestätigt, wonach nichtangestellte Honorarärzte nicht in den Kreis der liquidationsberechtigten Ärzte nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG einbezogen sind.
Das BVerfG geht (mit dem BGH) auch davon aus, dass die Ergänzung in § 2 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG in der Fassung des Psych-Entgeltgesetzes vom 21.07.2012 (BGBl. I Seite 1613) zu keiner Änderung der Rechtslage geführt hat. In einem obiter dictum führt das BVerfG aus, dass die Gesetzesbegründung keinen Anhaltspunkt dafür gäbe, dass in Bezug auf wahlärztliche Leistungen eine Änderung der bisherigen Rechtslage herbeigeführt werden sollte.
Ergänzend weist das BVerfG darauf hin, dass nicht Gegenstand der Entscheidung gewesen sei, ob ein Honorararzt in der Wahlleistungsvereinbarung zwischen Krankenhausträger und Patienten als solcher bestimmt werden und in dieser Eigenschaft Leistungen abrechnen kann.
In einem obiter dictum führt das BVerfG aus, dass ein Honorararzt die ärztliche Hauptleistung im Auftrag des Krankenhausträgers erbringen könne; jedenfalls sieht das BVerfG hierbei keine Abrechnungsschwierigkeiten (BVerfG, a.a.O., Rdz. 24).
Erfreulich ist, dass das BVerfG wohl davon ausgeht, dass Honorarärzte auch Hauptleistungen für den Krankenhausträger erbringen können, obwohl dies nicht im Zentrum der Entscheidung des BVerfG stand.
Vor dem Hintergrund der Entscheidung des BVerfG kann nur die Empfehlung gegeben werden, hinzugezogene niedergelassene Fachärzte im Regelfall anzustellen. Dies ist sowohl unter vertragsärztlichen als auch unter krankenhausfinanzierungsrechtlichen Gesichtspunkten der risikoärmere Weg und führt zur Einbeziehung des angestellten Vertragsarztes in den Kreis der liquidationsberechtigten Ärzte nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG.
Das Urteil ist hier wiedergegeben. |
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letzte Änderung: 08.08.2018 15:57:26 Grösse: 3,223.70 KByte |
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Newsletter EBM | ||
Das BMG hat am 26.02.2015 die vom Bewertungsausschuss vorgenommenen Änderungen des EBM zur Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen, denen Rückwirkung zum 01.01.2008 zugemessen wurden, beanstandet. Die Änderungen treten erst zum 01.04.2015 in Kraft. - EBM, Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen in Krankenhäusern, Notfallpauschale, Besuchsbereitschaft -
Die Änderungen des Bewertungsausschusses (Beschlüsse in der 341./344. Sitzung) bezüglich der Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen in Krankenhäusern haben einer Überprüfung durch das BMG, soweit sie rückwirkend zum 01.01.2008 gelten sollten, nicht standgehalten. Im Folgenden wird Ihnen ein Überblick über die aktuelle Sach- und Rechtslage gegeben. Sachverhalt In seinen Entscheidungen vom 12.12.2012 (Akz.: B 6 KA 3/12 R und B 6 KA 4/12 R) hat das BSG festgestellt, dass die Regelungen des EBM 2008 über die gesonderte Vergütung der Besuchsbereitschaft in der ambulanten Notfallversorgung rechtswidrig sind. Hierzu hat das BSG folgende Leitsätze aufgestellt:
„1. Der Grundsatz gleicher Vergütung der in Notfällen im ärztlichen Notfalldienst bzw. von Notfallambulanzen erbrachten Leistungen darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass im Bewertungsmaßstab Zusatzpauschalen normiert werden, deren Leistungsinhalt Krankenhausambulanzen – anders als Vertragsärzte – von vornherein nicht erfüllen können.
2. Die Durchführung von Hausbesuchen gehört auch in Notfällen nicht zu den Aufgaben der Krankenhäuser.“ Aufgrund dieser Entscheidung des BSG hat der Bewertungsausschuss als Normgeber eine rückwirkende Anpassung der Vergütung der Gebührenordnungspositionen (GOP) des Abschnitts 1.2. vorgenommen. Die bisherige Notfallpauschale GOP 01210 wird in eine Tages- und eine Nachtpauschale unterteilt. Für die Abrechnung muss diesbezüglich die Uhrzeit der Inanspruchnahme angegeben werden.
Die Notfallpauschale nach der GOP 01210 (Tagespauschale) wird dahingehend geändert, dass sie nur noch bei Inanspruchnahme zwischen 07.00 Uhr und 19.00 Uhr (außer an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertage und am 24.12. und 31.12.) berechnungsfähig ist.
Für den einmaligen Behandlungsfall wird die GOP 01210 rückwirkend wie folgt neu bewertet:
- in der Zeit vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2008 mit 325 Punkten, - in der Zeit vom 01.01 .2009 bis zum 30.09.2013 mit 360 Punkten und - für die Zeit ab dem 01.10.2013 mit 127 Punkten.
Daneben wird die GOP 01212 (Nachtpauschale) neu eingeführt. Diese gilt für die Inanspruchnahme zwischen 19.00 Uhr und 07.00 Uhr des Folgetages sowie ganztägig an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24.12. und 31.12.
Für den einmaligen Behandlungsfall wird die GOP 01212 rückwirkend wie folgt neu bewertet:
- in der Zeit vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2008 mit 500 Punkten, - in der Zeit vom 01.01.2009 bis zum 30.09.2013 mit 550 Punkten und - für die Zeit ab dem 01.10.2013 mit 195 Punkten. Der Bewertungsausschuss hat des Weiteren die GOP zur Besuchsbereitschaft (01211, 01215, 01217 und 01219) komplett gestrichen.
Daneben wird der „Besuch im organisierten Not(fall)dienst sowie der Besuch im Rahmen der Notfallversorgung durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser“ aus der GOP 01411 ausgegliedert und in eine neue GOP 01418 überführt. Die GOP 01418 trifft eine Regelung für den „Besuch im organisierten Not(fall)dienst bzw. im Rahmen der Notfallversorgung durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzte, Institute und Krankenhäuser.“ Die GOP 01411 gilt zukünftig nur noch zur Vergütung eines dringenden Besuches wegen der Erkrankung, unverzüglich nach Bestellung ausgeführt zwischen 19.00 Uhr und 22.00 Uhr, am Wochenende, an gesetzlichen Feiertagen sowie am 24.12. und 31.12. zwischen 07.00 Uhr und 19.00 Uhr.
Beanstandung durch das Bundesministerium für Gesundheit
Das BMG hat die rückwirkenden Änderungen des EBM, insbesondere die Aufteilung der bisherigen Notfallpauschale GOP 01210 in eine Tages- und Nacht- Notfallpauschale sowie die Angabe der Uhrzeit der Leistungserbringung, für rechtswidrig erachtet, da sie gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen.
Ergänzend hat das BMG angeregt, die Leistungsbeschreibung der GOP 01418 zu überprüfen.
Soweit die Änderungen des EBM für die Zukunft Geltung beanspruchen sollen, wurden sie nicht beanstandet. „Für die Zukunft“ bedeutet nach Angabe des Bundesministeriums für Gesundheit ab dem 01.04.2015.
Anmerkungen
Im Hinblick auf die Beanstandung des BMG bezüglich der rückwirkenden Einteilung der GOP 01210 in eine Tages- und Nacht- Notfallpauschale gilt für die Abrechnung der Krankenhäuser nunmehr Folgendes:
Hinsichtlich der bis zum 31.03.2015 erbrachten Leistungen gilt zunächst die bisherige (alte) Version weiter – ohne die beanstandeten Änderungen – bis der Bewertungsausschuss eine neue Regelung getroffen hat. Dies bedeutet, dass für diese Zeit keine Unterteilung in eine Tages- und Nacht- Notfallpauschale vorzunehmen ist und auch die rückwirkende Angabe der Uhrzeit nicht verlangt werden kann. Auch die punktemäßige Neu-Bewertung, die der Bewertungsausschuss vorgenommen hatte, wird daher für die Vergangenheit nicht greifen, da auch diese auf der Differenzierung zwischen Tages- und Nachtpauschale basiert.
Zur Zeit ist nicht absehbar, wann der Bewertungsausschuss sich erneut mit der Ungleichbehandlung der Krankenhäuser in diesen Bereichen befasst und eine beanstandungsfreie EBM-Bewertung vornimmt, der der Rechtsprechung des BSG Rechnung trägt.
Aus diesem Grund sollten die Krankenhäuser gegen jede Art der Ungleichbehandlung vorgehen und ihre Ansprüche gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung geltend machen.
Die Abrechnung des 3. Quartals 2014 sollte dahingehend überprüft werden, ob die Abrechnung des Krankenhauses nach dem „alten“ EBM erfolgte und für die GOP 01210 die Zahl von 157 Punkten zugrunde gelegt wurde.
Hinsichtlich des 4. Quartals 2014 sowie des 1. Quartals 2015 sollten die Krankenhäuser prüfen, ob die Kassenärztliche Vereinigung schon dazu übergegangen ist, die GOP 01210 nach der Neubewertung zu vergüten, also nicht in Höhe von 157 Punkten („alter“ EBM), sondern in Höhe von 127 Punkten nach der neuen – nunmehr beanstandeten – Tagespauschale. In diesem Fall müsste gegen den Honorarbescheid rechtlich vorgegangen werden.
Ab dem 2. Quartal 2015 sind die Neuregelungen – z. B. Aufteilung in eine Tages- und Nachtpauschale sowie die Angabe der Uhrzeit der Leistungserbringung – der Abrechnung zugrunde zu legen. Das BMG hatte diese Regelungen, die in die Zukunft gerichtet sind, nicht beanstandet.
Die vorgenommene Anpassung des EBM sieht - wie bereits oben ausgeführt - eine Differenzierung in eine Tagespauschale und in eine Nachtpauschale vor.
Die Notfallpauschale GOP 01210 (Tagespauschale) gilt bei der Inanspruchnahme zwischen 07:00 Uhr und 19:00 Uhr (außer an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen, am 24.12. und am 31.12). Die GOP 01212 (Nachtpauschale) gilt für die Inanspruchnahme zwischen 19:00 Uhr und 07:00 Uhr, sowie ganztägig an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24.12. und am 31.12 des Jahres.
Die Angabe der exakten Zeit der Inanspruchnahme ist für die Abrechnung des Erstkontaktes erforderlich.
Die Besuchsbereitschaftspauschalen (GOP 01211, 01215, 01217 und 01219) sind gestrichen worden, und können ab dem 01.04.2015 nicht mehr in Ansatz gebracht werden.
Für die vergangenen Quartale bis einschließlich 1. Quartal 2015 sollte die Besuchsbereitschaft in Ansatz gebracht werden.
Im Hinblick auf die Vergütung der Besuchsbereitschaft für die Vergangenheit, wird daher empfohlen - wegen der nach wie vor bestehenden Ungleichbehandlung – Widerspruch einzulegen und ggf. den Klageweg zu beschreiten. Den Vertragsärzten wurde schließlich seit dem Jahr 2008 die Pauschale für die Besuchsbereitschaft vergütet. Der Bewertungsausschuss hat diesbezüglich bisher keinen Ausgleich für die Krankenhäuser wegen der darin begründeten Ungleichbehandlung vorgesehen. Über die weitere Entwicklung werden wir Sie zeitnah informieren. |
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letzte Änderung: 08.08.2018 16:00:40 |
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Newsletter Krankenhausapotheke | ||
Ein Krankenhaus ist berechtigt, von der Krankenhausapotheke abgegebene Medikamente gegenüber der Krankenkasse abzurechnen, auch wenn sich aufgrund von Komplikationen ein stationärer Aufenthalt daran anschließt Urteil des BSG vom 27.11.2014, Az.: B 3 KR 12/13 R |
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letzte Änderung: 08.08.2018 16:02:17 Grösse: 5,786.85 KByte |
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Newsletter ambulante Behandlung im Krankenhaus | ||
Nachstationäre Behandlung nach § 115a SGB V kann innerhalb der vorgegebenen Fristen sowohl im Krankenhaus als auch von Vertragsärzten im Anschluss an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung durchgeführt werden Urteil des BSG vom 17.07.2013, B 6 KA 14/12 R - ambulante Behandlung im Krankenhaus, nachstationäre Behandlung, Vertragsärzte, Ermächtigung eines Krankenhausarztes - Im Rahmen eines Rechtsstreits über die persönliche Ermächtigung eines Arztes hat sich das BSG auch mit dem Verhältnis zwischen nachstationärer Behandlung im Krankenhaus gemäß § 115a SGB V und der ambulanten Behandlung befasst. Sachverhalt Ein Chefarzt besaß eine persönliche Ermächtigung zur ambulanten Nachbehandlung im Anschluss einer stationären Krankenhausbehandlung. Die KV weigerte sich, diese Leistungen zu vergüten, da die Nachbehandlung innerhalb von 14 Tagen stets der stationären Versorgung zuzurechnen und somit abgegolten sei. Entscheidungsgründe Das BSG kam im Ergebnis zur Entscheidung, dass der ermächtigte Arzt keinen Vergütungsanspruch hat, da die in Rechnung gestellten Leistungen bereits durch die DRG-Fallpauschale abgegolten seien. Aus § 8 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 KHEntgG sei zu folgern, dass innerhalb der Grenzverweildauer die DRG auch die nachstationäre Behandlung mit abdecke. Gleichzeitig stellte das BSG jedoch fest, dass die nachstationäre Behandlung nicht zwingend innerhalb der 14-Tages-Frist vom Krankenhaus durchzuführen sei. Bei der vor- und nachstationären Behandlung handele es sich um eine Sonderform der ambulanten Versorgung, die lediglich als „Annex“ zur vollstationären Versorgung im Krankenhaus stationäre Behandlung im weiteren Sinne sei. Zuvor vollstationär behandelte Patienten sind damit nach einer vollstationären Behandlung im Krankenhaus generell nicht gehindert, sich stattdessen weiterhin ambulant von Vertragsärzten behandeln zu lassen. Die nachstationäre Behandlung setze einen engen medizinischen Zusammenhang mit der vollstationär durchgeführten Behandlung voraus, z.B. bei komplizierten großen Wunden nach Operationen oder bei problematischen Wundheilungsprozessen. Anmerkung Das BSG hat mit dieser Grundsatzentscheidung die von der KV häufig vertretene Auffassung deutlich zurückgewiesen, dass generell das Krankenhaus für die nachstationäre Behandlung zuständig sei und diese Leistungen stets vom Krankenhaus zu erbringen seien. Es hat herausgestellt, dass die vor- und nachstationäre Behandlung einer Sonderform der ambulanten Versorgung ist. Daraus folgt, dass letztlich die medizinische Entscheidung bei den Krankenhausärzten liegt, ob im Anschluss an eine vollstationäre Behandlung eine nachstationäre Behandlung durchzuführen ist oder der Patient an seinen Vertragsarzt verwiesen wird. Das Urteil ist hier wiedergegeben. |
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letzte Änderung: 31.08.2018 14:17:37 Grösse: 429.39 KByte |
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Newsletter Schadensersatzanspruch der Krankenkassen | ||
Für das Schadensfeststellungsverfahren bei fehlerhaften Verordnungen ist die Gemeinsame Prüfungseinrichtung gem. § 48 BMV-Ä zuständig Urteil des BSG vom 20.03.2013, Az.: B 6 KA 17/12 R - Schadensersatzanspruch der Krankenkassen, fehlerhafte Verordnung, Leistungsklage - Sachverhalt Die AOK hatte gegen einen ermächtigten Krankenhausarzt wegen angeblich fehlerhafter Ausstellung von Arzneimittelverordnungen die Schlichtungsstelle nach § 49 BMV-Ä angerufen und parallel dazu Leistungsklage vor dem Sozialgericht erhoben. Inhaltlich hat die AOK ihren Schadensersatzanspruch auf fehlende Unterschriften des ermächtigten Arztes und fehlende Überweisung-/Abrechnungsscheine gestützt. Das BSG hat die Leistungsklage vor dem Sozialgericht und die Anrufung der Schlichtungsstelle für unzulässig angesehen. Entsprechende Schadensfeststellungsverfahren seien gemäß § 48 BMV-Ä vor den hierzu eingerichteten Prüfgremien (Gemeinsame Prüfungseinrichtung) durchzuführen. Die geltend gemachten Verordnungsmängel können nicht direkt mit der Leistungsklage verfolgt werden. Anmerkung Nach dem Urteil des BSG hat die AOK den falschen Verfahrensweg eingeschlagen. Für Schadensfeststellungsverfahren wegen geltend gemachter Verordnungsmängel ist ausschließlich die Gemeinsame Prüfungseinrichtung zuständig. Im Übrigen weist das BSG darauf hin, dass im Schadensregressverfahren dann zu prüfen ist, ob ein Verschulden des ermächtigten Arztes vorliegt. |
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letzte Änderung: 12.09.2018 10:11:12 Grösse: 798.86 KByte |
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Newsletter Arzthaftung | ||
Ein Krankenhaus haftet für eine nicht erkannte Blutung im Gehirn Urteil des Oberlandesgericht Hamm vom 09.11.2012, Az.: I-26 U 142/09 - Arzthaftung, Befunderhebung, Beweiserleichterung, Schadensersatz - Das OLG Hamm hat sich mit der Frage befasst, ob ein Krankenhaus für eine nicht erkannte, durch Aneurysmen im Gehirn entstandene Subarachnoidalblutung (SAB) in Form einer Warnblutung haftet, wenn der Patient zu einem späteren Zeitpunkt wegen erneut aufgetretener Blutung schwere Gesundheitsschäden erleidet. Dabei geht es davon aus, dass eine Beweiserleichterung nicht nur bei einem groben, sondern auch bei einem einfachen Befunderhebungsfehler gerechtfertigt ist, wenn die unterlassene Befunderhebung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einem reaktionspflichtigen Befund geführt hätte und sich die Verkennung des Befundes oder das Verhalten des Arztes auf der Basis dieses Ergebnisses als grob fehlerhaft darstellen würde. Dies hat es im vorliegenden Fall bejaht. Wegen heftiger Kopfschmerzen hatte der klagende Patient am 13.07.2005 die Notaufnahme des Krankenhauses aufgesucht. Er wurde mit einem Schmerzmittel behandelt und mit der Diagnose „Spannungskopfschmerz“ am gleichen Tag wieder entlassen. 13 Tage später erlitt der Kläger weitere Subarachnoidalblutungen mit der Folge, dass er zu einem schweren Pflegefall wurde. Der Kläger hat daher das beklagte Krankenhaus auf Schmerzensgeld, den Ersatz materieller Schäden und auf die Feststellung weitergehender Ersatzpflicht verklagt. Der Kläger hat in 1. und 2. Instanz Recht bekommen. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens ist das OLG davon ausgegangen, dass bei dem Kläger ein plötzlicher und heftiger Kopfschmerz aufgetreten ist, der über die Qualität eines Spannungskopfschmerzes hinausgegangen ist. Der Krankenhausarzt hätte daher eine weitergehende Befundung vornehmen müssen. Der behandelnde Arzt hätte von einer schwerstmöglichen Erkrankung, also von einer SAB, ausgehen müssen und diese vor der Bewertung als Spannungskopfschmerz ausschließen müssen. Das OLG hat daher einen Befunderhebungsfehler angenommen. Die maßgeblichen Fragen zu den Einzelheiten des Kopfschmerzes seien nicht gestellt worden. Die fehlende Befunderhebung sei auch ursächlich dafür gewesen, dass sich mangels rechtzeitiger Reaktion auf das Warning Leak später das Rezidiv (erneute SAB) mit dem daraus resultierenden Schaden ereignet hat. Nach Auffassung des OLG ist eine Beweiserleichterung nicht nur bei einem groben, sondern auch bei einem einfachen Befunderhebungsfehler gerechtfertigt, wenn die unterlassene Befunderhebung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einem reaktionspflichtigen Befund geführt hätte und sich diese Verkennung des Befundes oder das Verhalten des Arztes auf der Basis dieses Ergebnisses als grob fehlerhaft darstellen würde. Ausgehend hiervon tritt eine Beweislastumkehr ein. Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass die spätere große SAB bei richtiger Befunderhebung hätte vermieden werden können. Das OLG hat daher die Haftung des Krankenhauses dem Grunde nach bejaht. Das Urteil des OLG gibt Veranlassung darauf hinzuweisen, dass Krankenhäuser aus Vorsicht heraus und zur Vermeidung einer Haftung umfangreiche Befunderhebungen vornehmen sollten. Insbesondere ist auch eine Ausschlussdiagnostik für Verdachtsdiagnosen durchzuführen, wenn erste Warnzeichen gegeben sind. Andernfalls kann dies – wie im vorliegenden Fall – zur Haftung des Krankenhauses führen. In diesen Fällen kommt dann nach Auffassung des OLG eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Klägers in Betracht. Die Pressemitteilung des OLG Hamm ist hier wiedergegeben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig (BGH VI ZR 12/13). |
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letzte Änderung: 12.09.2018 10:15:49 Grösse: 36.90 KByte |
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Newsletter Kooperation nach AOP-Vertrag | ||
Kooperation zwischen Vertragsärzten und einem Krankenhaus beim ambulanten Operieren nach dem AOP-Vertrag Urteil des BSG vom 23.03.2011 – Az.: B 6 KA 11/10 R Das Bundessozialgericht hat im vorliegenden Fall über eine Sonderkonstellation der Kooperation zwischen Vertragsärzten (niedergelassene Gefäßchirurgen und Neurochirurgen) und einem Krankenhaus entschieden. Es ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass die vorliegende Kooperation als rechtswidrig einzuordnen ist. Die Kooperation zwischen den niedergelassenen Vertragsärzten und dem Krankenhaus war so angelegt, dass die niedergelassenen Chirurgen die Operationen in den Räumen des Krankenhauses durchführten und als eigene Leistungen abrechneten. Das Krankenhaus stellte die anästhesiologischen Leistungen bei. Das BSG hat die Kooperation in seinem Urteil vom 23.03.2011 als rechtswidrig eingestuft. Nach § 115b SGB V und dem AOP-Vertrag (in der Fassung 2005/2006) sind Operationen durch Vertragsärzte, die nicht belegärztlich mit dem Krankenhaus verbunden sind, nicht vorgesehen. In dem vorliegenden Rechtsstreit ging es somit nicht um die Konstellation, dass Krankenhäuser niedergelassene Vertragsärzte zur Erbringung von ambulanten Operationsleistungen hinzuziehen. Inwieweit sich das BSG auch hierzu im Rahmen der Urteilsbegründung äußert, bleibt abzuwarten. Sobald die Urteilsbegründung vorliegt, werde ich ergänzende Ausführungen machen. Der Terminsbericht ist hier wiedergegeben. |
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letzte Änderung: 02.10.2018 16:43:19 Grösse: 315.29 KByte |
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Newsletter MVZ | ||
MVZ-GmbH Selbstschuldnerische Bürgschaft Nach § 95 Abs. 2 Satz 6 SGB V müssen die Gesellschafter des MVZ gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung eine selbstschuldnerische Bürgschaft abgeben. Soweit Gesellschafter eine kommunale Gebietskörperschaft ist, kann dies zu Problemen führen. Nach dem Kommunalrecht darf die Kommunalaufsichtsbehörde die Abgabe einer Bürgschaftserklärung dann nicht genehmigen, wenn diese Verpflichtung zur Übernahme von Verlusten in unbestimmter oder unangemessener Höhe führen kann. Auf Anfrage eines kommunalen Krankenhauses in Niedersachsen, das in der Form einer GmbH geführt wird, hat nunmehr das Niedersächsische Innenministerium festgestellt, dass diese kommunalrechtlichen Beschränkungen dann nicht zur Anwendung kommen, wenn die kommunale Krankenhaus-GmbH selbst Gesellschafter/Träger des MVZ ist. Die Kommune tritt dann lediglich mittelbar als Gründerin auf. Rechtsgeschäfte (Gründung einer MVZ-GmbH) von selbstständig geführten Unternehmen der Landkreise und Gemeinden stehen nicht unter den Zulässigkeitsvorbehalten des Kommunalrechts. Aus dem Schreiben des Ministeriums ist gleichzeitig zu ersehen, dass diese Fragestellung Gegenstand der Beratung des Unterausschusses Kommunale Wirtschaft und Finanzen des Arbeitskreises III der Konferenz der Innenminister des Bundes und der Länder am 14./15.02.2008 in Berlin war. Bedenken gegen diese Rechtsauffassung wurden nicht geäußert. Daraus kann man schließen, dass die Kommunalen Aufsichtsbehörden diese Rechtsauffassung mittragen. |
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letzte Änderung: 05.10.2018 13:44:23 Grösse: 72.32 KByte |
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Newsletter § 116b Abs. 2 SGB V | ||
§ 116b Abs. 2 SGB V - Kein Vorrang der niedergelassenen Ärzte im Bereich der ambulanten Versorgung In einer bundesweit beachtenswerten Erscheinung hat sich das Sozialgericht Hamburg mit der Beteiligung der KV an dem Verfahren nach § 116b befasst (SG HH, Beschluss v. 08.10.2007 - S 27 KA 140/07 ER). Eine unmittelbare Beteiligung der KV wurde abgelehnt. Nach dem Landeskrankenhausgesetz sei diese keine unmittelbar Beteiligte. Dies könne auch nicht aus § 116b Abs. 2 SGB V hergeleitet werden, wonach die vertragsärztliche Situation zu berücksichtigen sei. Im übrigen gäbe es keinen Vorrang der niedergelassenen Ärzte im Bereich der ambulanten Versorgung. Anm.: Soweit die KV nicht ausdrücklich auf Grund der Krankenhausgesetze der Länder als unmittelbar Beteiligte ausgewiesen ist, kann sich auf diese Entscheidung berufen werden. |
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letzte Änderung: 05.10.2018 13:45:29 Grösse: 64.60 KByte |
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