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Dokumente in der Rubrik Medizinrecht
Ruhen der Zulassung als milderes Mittel gegenüber der Zulassungsentziehung | ||
Stellt ein Medizinisches Versorgungszentrums (MVZ) einen Antrag auf Verlegung seines Sitzes, stellt ein Ruhen der Zulassung des MVZ während der Entscheidung über diesen Antrag ein milderes Mittel gegenüber der Zulassungsentziehung dar. Das Ruhen muss dabei auch dann in Erwägung gezogen werden, selbst wenn das MVZ seit über sechs Monaten nicht mehr die erforderlichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt hat.
BSG, Urteil vom 19.07.2023, B 6 KA 5/22 R
– Zulassungsentziehung, Verhältnismäßigkeit, Maßnahme des Ruhens der Zulassung als milderes Mittel, Sitzverlegungsantrag –
Sehr geehrte Damen und Herren,
das BSG hatte in dieser Entscheidung über die Verhältnismäßigkeit verschiedener Maßnahmen zu urteilen, die dem Zulassungs- bzw. Berufungsausschuss gegenüber Vertragsärzten oder einem MVZ zur Verfügung stehen, wenn diese die erforderlichen Zulassungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllen und dabei (in der Vergangenheit) nicht mehr ausreichend ihrer Aufgabe der vertragsärztlichen Versorgung nachgekommen sind.
Sachverhalt
Die klagende GmbH ist Trägerin eines seit 2011 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) mit zwei angestellten Ärzten. Beide Ärzte waren fachbezogen als ärztliche Leiter des MVZ bestellt. Mit Wirkung vom 01.12.2012 reduzierten sie ihre Arbeitszeit von ursprünglich 40 auf zwölf Wochenstunden. Seit dem 01.01.2013 waren beide Ärzte außerdem im Umfang von jeweils 31 Stunden wöchentlich in einem anderen MVZ als angestellte Ärzte vertragsärztlich tätig.
Trotz der Reduzierung der Arbeitszeiten veränderten sich die vom MVZ abgerechneten Fallzahlen zunächst nicht. In den Quartalen 1/2012 bis 2/2013 rechnete das MVZ durchschnittlich 8.121 Fälle pro Quartal ab. Im Quartal 3/2013 reduzierten sich die Fallzahlen dann auf 679 Fälle, im Quartal 4/2013 wurden keine Fälle und in den nachfolgenden Quartalen lediglich vereinzelt Fälle abgerechnet.
Nachdem der Zulassungsausschuss im Februar 2014 erfuhr, dass die Laborräume des MVZ seit einem halben Jahr leerstanden, hörte er die Klägerin zu einer möglichen Zulassungsentziehung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit an. Die Klägerin beantragte hierauf im März 2014, ihr die Verlegung des Vertragsarztsitzes mit Wirkung vom 03.04.2014 zu genehmigen. Eine Verlegung des Sitzes sei bereits zum Oktober 2013 geplant gewesen. Die hierfür erforderlichen Gespräche zur Mitnutzung eines anderen Labors hätten sich aber länger als erwartet hingezogen. Eine Vertragsunterzeichnung sei daher erst im Februar 2014 erfolgt.
Der Zulassungsausschuss entzog dem MVZ der Klägerin dennoch mit Wirkung vom 03.07.2014 die Zulassung. Das MVZ habe seine vertragsärztliche Tätigkeit seit neun Monaten nicht ausgeübt. Eine beabsichtigte Praxisverlegung oder Schwierigkeiten bei den Vertragsverhandlungen rechtfertigten nicht die Einstellung der vertragsärztlichen Tätigkeit.
Das Widerspruchsverfahren der Klägerin vor dem Berufungsausschuss blieb ohne Erfolg. Das angerufene Sozialgericht hat den Widerspruchsbescheid vom 19.12.2014 aufgehoben und den beklagten Berufungsausschuss verurteilt, über den Verlegungsantrag der Klägerin erneut zu entscheiden. Die Zulassungsentziehung sei unverhältnismäßig, da die Voraussetzungen für die Anordnung des Ruhens des Verfahrens - zunächst für die Zeit der Entscheidung über den Verlegungsantrag - vorgelegen hätten.
Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen, da der Beklagte der Klägerin die Zulassung habe entziehen dürfen, da diese ihre vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt habe und darüber hinaus die Gründungsvoraussetzungen des MVZ über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten weggefallen seien.
Die Klägerin legte daraufhin gegen das Urteil des LSG Revision beim BSG ein.
Entscheidungsgründe
Das BSG entschied, dass die Revision begründet sei. Die Voraussetzungen für eine Entziehung der Zulassung haben damals nicht vorgelegen.
Gemäß § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V ist die Zulassung zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Dieser Tatbestand gelte auch für ein MVZ, wie sich generell aus der Verweisung des § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V und speziell aus dem Verhältnis des § 95 Abs 6 zu dessen Abs 1 SGB V ergebe.
Einem MVZ sei darüber hinaus nach § 95 Abs 6 Satz 3 SGB V in der bis zum 22.7.2015 noch geltenden und daher hier einschlägigen Fassung des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des § 95 Abs 1 Satz 4 und 5 SGB V aF länger als sechs Monate nicht mehr vorgelegen haben.
Im vorliegenden Fall habe das MVZ zwar zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung des Beklagten die vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt, womit es zugleich an einer fachübergreifenden Tätigkeit fehle. Die Entziehung der Zulassung sei jedoch vor dem Hintergrund der beabsichtigten Sitzverlegung nicht verhältnismäßig gewesen.
Der beklagte Berufungsausschuss sei unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit gehalten gewesen, als mildere Maßnahme das Ruhen der Zulassung anzuordnen. Das Ruhen der Zulassung könne nach § 95 Abs 5 SGB V i. V. m. § 26 Ärzte-ZV angeordnet werden, wenn das MVZ die Tätigkeit eine Zeit lang nicht ausüben könne. Voraussetzung sei, dass die Wiederaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit in angemessener Frist zu erwarten sei und dem Ruhen Gründe der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegenstehen.
Wird ein Sitzverlegungsantrag gestellt, der nicht von vorneherein ohne Aussicht auf Erfolg ist, müsse dieser in die zu treffende Prognoseentscheidung einbezogen werden. Dabei stehe der Ruhensanordnung nicht entgegen, dass das MVZ seine Tätigkeit am alten Standort bereits eingestellt habe. Die Verlegung des Vertragsarztsitzes setze nicht voraus, dass bei Antragstellung noch ein Praxissubstrat vorhanden sei. Ein Ruhen der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung könne auch dann angeordnet werden, wenn ein MVZ aufgrund der Nichtausübung der Tätigkeit mehr als sechs Monate nicht fachübergreifend tätig gewesen sei. Auch wenn das Zulassungsgremium zu dem Ergebnis komme, dass von der beabsichtigten Verlegung nachteilige Auswirkungen für die Versorgung der Versicherten zu besorgen seien, führe dies noch nicht per se zur Ablehnung der Genehmigung.
Anmerkungen
Die Entscheidung zeigt, dass die entsprechenden Kontrollgremien zunächst alle zur Verfügung stehenden milderen Maßnahmen prüfen müssen, bevor sie als „ultima ratio“ die Zulassung entziehen dürfen. Nur so wird dem verfassungsrechtlichen Prinzip der Verhältnismäßigkeit entsprochen.
Die Zulassungsgremien haben dabei einen Umstand, wonach die vertragsärztliche Tätigkeit an einem anderen Standort wiederaufgenommen werden soll, ebenso wie alle anderen Umstände, die für oder gegen eine zeitnahe Aufnahme der Tätigkeit sprechen, in ihre Prognoseentscheidung miteinzubeziehen.
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Datum: 20.12.2023 08:17:13 Grösse: 0.00 KByte |
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„Fachdialog zwischen MDK und Medizinrecht – Live-Aufzeichnung vom 17.11.2020“
In einem 7-Stündigen (entgeltpflichtigem) Video präsentiert Ihnen die Kaysers Consilium GmbH unter der Moderation von Herrn Dr. med. H.-G. Kaysers interessante und wichtige Themen zur aktuellen Krankenhaus-Rechtsprechung sowie zur Vorbereitung des MDK Nordrhein auf die Strukturprüfung der OPS-Komplexkodes.
Sie sehen die LIVE-Aufzeichnung des kompletten Veranstaltungstages. Am Vormittag erläutert Herr Dr. med. Thiele, Leiter des MD Nordrhein, die aktuelle MD-Prüfung 2020 mit Ausblick auf das Jahr 2021.
Am Nachmittag erläutert Herr Rechtsanwalt F.-W. Mohr, Fachanwalt für Medizinrecht, die aktuelle Krankenhausrechtsprechung des BSG und gibt Tipps zur Anwendung. Zudem geht er auf die unterschiedlichen Aspekte des Datenschutzes im Dialog mit den Krankenkassen und dem MD ein.
Freuen Sie sich auf interessante Gespräche und Diskussionen!
Die Live-Aufzeichnung können Sie buchen unter:
https://elopage.com/s/Kaysers-Consilium/doku-kevelaerer-drg-fachdialog-fuer-kodierfachkraefte/payment
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letzte Änderung: 10.12.2020 15:27:12 |
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Flash News | ||
Eine Sauerstoffsättigung von 89 %, die auf einen erniedrigten Sauerstoffpartialdruck zurückzuführen ist, erfüllt die Nebendiagnose J96.09 (Akute respiratorische Insuffizienz, anderenorts nicht klassifiziert: Typ nicht näher bezeichnet). SG Koblenz, Gerichtsbescheid vom 09.05.2016, Az.: S 12 KR 598/15 - Akute respiratorische Insuffizienz, Nebendiagnose, Sauerstoffsättigung, pathologische Blutgasveränderungen, erniedrigter Sauerstoffpartialdruck -
Sehr geehrte Damen und Herren, vom MDK wird häufig die Nebendiagnose J96.09 (Akute respiratorische Insuffizienz) gestrichen, wenn keine pathologischen Blutgasveränderungen im Sinne einer respiratorischen Partial- oder Globalinsuffizienz nachweisbar sind. In einem interessanten Fall hat das SG Koblenz – gestützt auf ein Sachverständigengutachten – die Verschlüsselung der Nebendiagnose J96.09 anerkannt. Sachverhalt Eine bei der Beklagten versicherte Patientin wurde vom Rettungsdienst in das Krankenhaus der Klägerin eingeliefert. Bei der Patientin lag eine Bronchiopneumonie vor (Hauptdiagnose J18.0). Die Klägerin verschlüsselte zudem die Nebendiagnose J96.09 (Akute respiratorische Insuffizienz, anderenorts nicht klassifiziert: Typ nicht näher bezeichnet). Dies führte zur DRG E77F (Infektionen und Entzündungen der Atmungsorgane mit komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Die Beklagte beauftragte den MDK mit einer Prüfung der Kodierung. Der MDK kam in seinem Gutachten zur Auffassung, die Angabe der Nebendiagnose J96.09 (Akute respiratorische Insuffizienz) sei nicht korrekt. Die durchgeführte Blutgasanalyse (BGA) habe ergeben, dass normale Sauerstoffwerte mit einer normalen Sättigung und ohne Hyperkapnie vorgelegen haben. Eine respiratorische Insuffizienz setze nach Auffassung des MDK pathologische BGA-Veränderungen voraus. Die Klägerin widersprach der Auffassung des MDK. Das Vorhandensein einer respiratorischen Insuffizienz definiere sich nicht ausschließlich anhand von pathologischen BGA-Veränderungen, sondern liege auch dann vor, wenn ein Patient die klinischen Zeichen einer Gasaustauschstörung erfülle und ein entsprechender Ressourcenverbrauch nachweislich dokumentiert worden sei. Bei der Patientin seien angesichts einer Sättigung von 89 % diese Voraussetzungen erfüllt. Da die Beklagte die Rechnung nicht vollständig beglich, erhob die Klägerin vor dem Sozialgericht Klage. Entscheidungsgründe Zur Klärung des medizinischen Sachverhalts hat das Sozialgericht ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige widersprach der Beurteilung des MDK. Der Sachverständige kam zur Auffassung, dass der in der Krankenakte belegte Hämoglobinwert von 11,6 nicht geeignet sei, eine Erniedrigung der Sauerstoffsättigung hervorzurufen. Somit hänge in der Tat die gemessene Sauerstoffsättigung vom Sauerstoffpartialdruck im Blut ab. Bei einem unteren Grenzwert von 94 % sei die gemessene Sauerstoffsättigung von 89 % eindeutig erniedrigt, hervorgerufen durch die Lungenentzündung mit Pleuraerguss. Es gebe keine vernünftigen Zweifel, dass die Sauerstoffsättigung in Folge eines erniedrigen Sauerstoffpartialdrucks, und nicht im Rahmen einer Anämie, deutlich pathologisch erniedrigt gewesen sei und eine kontinuierliche Sauerstoffgabe bis zur Abheilung der Pneumonie erforderlich gewesen sei. Das SG legte das Sachverständigengutachten seinem Urteil zu Grunde. Die Klägerin habe zu Recht die Nebendiagnose J96.09 kodiert. Zusammen mit der Hauptdiagnose J18.0 führe dies zur Abrechnung der DRG E77F (DRG-Katalog 2013). Die Sauerstoffsättigung habe am 01.11.2013 89 % betragen. Insgesamt sei aufgrund der Art der Erkrankung mit Lungenentzündung und Rippenfellerguss nachvollziehbar, das eine verminderte Sauerstoffsättigung, d.h. eine respiratorische Insuffizienz, einhergehend mit Luftnot, vorgelegen habe, die eine kontinuierliche Sauerstoffzuführung erforderlich gemacht habe. Der Sachverständige habe nachvollziehbar dargelegt, dass die gemessene Sauerstoffsättigung vom Sauerstoffpartialdruck im Blut abhängig gewesen sei. Bei einem unteren Grenzwert von 94 % sei die gemessene Sauerstoffsättigung von 89 % eindeutig erniedrigt. Die Sauerstoffsättigung war nach Auffassung des Sachverständigen in Folge eines erniedrigten Sauerstoffpartialdrucks und nicht im Rahmen einer Anämie deutlich pathologisch erniedrigt. Anmerkungen Maßgeblich für den Erfolg der Klage war letztlich das positive Sachverständigengutachten. So entkräftete der Sachverständige den Einwand des MDK, dass eine respiratorische Insuffizienz in den Unterlagen nicht ausreichend belegt sei. Der Sachverständige hat die gemessene Sauerstoffsättigung auf den Sauerstoffpartialdruck im Blut zurückgeführt. Dabei sei der untere Grenzwert von 94 % bei einer gemessenen Sauerstoffsättigung von 89 % eindeutig zu niedrig. Die Sauerstoffsättigung war infolge eines erniedrigten Sauerstoffpartialdrucks und nicht im Rahmen einer Anämie deutlich pathologisch erniedrigt. Der Gerichtsbescheid zeigt deutlich, welche Bedeutung den Sachverständigengutachten in einem Rechtsstreit zukommt, aber auch wie wichtig eine in sich schlüssige Dokumentation des Krankheitsverlaufs ist. Der Gerichtsbescheid ist hier wiedergegeben.
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letzte Änderung: 06.08.2018 16:46:51 Grösse: 5,130.60 KByte |
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Newsletter Arzneimittelzulassung | ||
Für die Arzneimittelversorgung gelten im Krankenhaus grundsätzlich keine von der vertragsärztlichen Versorgung abweichenden Maßstäbe. Auch die Krankenhäuser haben das materielle Arzneimittelzulassungsrecht zu beachten. Bei der Arzneimittelapplikationsform im Sinne einer stationären Behandlungsmethode findet § 137c Abs. 3 SGB V Anwendung. Urteil des BSG vom 13.12.2016, Az.: B 1 KR 1/16 R - Arzneimittelversorgung, zulassungsüberschreitende Arzneimittelversorgung, Off-Label-Use, Intravenöse Immunglobulintherapie (IVIG), Arzneimittel Intratect, Arzneimittelzulassung, teilstationäre Krankenhausbehandlung, neue Behandlungsmethode, Wirtschaftlichkeitsgebot -
Sehr geehrte Damen und Herren, im Rahmen seiner Entscheidung vom 13.12.2016 hat sich das BSG auch mit der Anwendung des materiell rechtlichen Arzneimittelzulassungsrechts bei Krankenhausbehandlung befasst. Es geht davon aus, dass für die Arzneimittelversorgung im Krankenhaus grundsätzlich keine von der vertragsärztlichen Versorgung abweichenden Maßstäbe gelten. Aus der Entscheidung ergibt sich jedoch, dass die Regelung in § 137c Abs. 3 SGB V Anwendung finden kann, wenn eine Arzneimittelapplikation im Sinne einer stationären Behandlungsmethode erfolgt. Dann kommt es darauf an, ob die Behandlungsmethode „das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt“. Sachverhalt Eine Patientin (Klägerin) aus Baden-Württemberg litt an einer Autoimmunerkrankung der Haut und der inneren Organe (systemischer Lupus erythematodes <SLE>). Sie beantragte daher bei ihrer Krankenkasse die Kosten einer ambulanten Immunglobulintherapie (Intratect) zu übernehmen. Die beklagte Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme ab, da die Voraussetzungen für einen sog. Off-Label-Use im Sinne des Einsatzes eines Arzneimittels außerhalb einer Zulassung nicht erfüllt seien. Nach Auffassung der Krankenkasse fehlten systematische größere zulassungsrelevante Studien für das beantragte Arzneimittel. Der Widerspruch gegen die ablehnende Entscheidung hatte keinen Erfolg. Gegen die Ablehnung hat die Patientin Klage erhoben. Das SG hat die beklagte Krankenkasse unter Aufhebung des Bescheides zur Übernahme der Kosten für eine intravenöse Immunglobulintherapie verurteilt. Die Berufung der Krankenkasse vor dem LSG hatte keinen Erfolg. Das LSG stellte fest, dass Intratect zwar keine arzneimittelrechtliche Zulassung für die Behandlung der Erkrankung der Klägerin habe. Die Voraussetzungen eines Off-Label-Use seien auch nicht gegeben. Allerdings ergebe sich der Anspruch der Klägerin aus §§ 27 Abs. 1, 39 Abs. 1 i.V.m. § 137c Abs. 3 SGB V. Vorliegend sei eine teilstationäre Krankenhausbehandlung durchgeführt worden. Es handele sich um eine neue Behandlungsmethode. Die neue Behandlungsmethode der intravenösen Immunglobulintherapie bietet das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative. Die Anwendung erfolge nach den Regeln der ärztlichen Kunst. Mit der Revision verfolgte die beklagte Krankenkasse ihre Rechtsauffassung weiter. Entscheidungsgründe Das BSG kam zur Auffassung, dass die Patientin keinen Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die intravenöse Immunglobulintherapie mit dem Arzneimittel Intratect hatte. Es geht davon aus, dass vorliegend eine ambulante Behandlung für die Patientin durchgeführt wurde. Das Fertigarzneimittel Intratect besitze weder die erforderliche Zulassung zur Behandlung der bei der Klägerin bestehenden Krankheit, noch könne ein Anspruch auf eine entsprechende Versorgung aus den Grundsätzen des Off-Label-Use hergeleitet werden (BSG, a.a.O., juris, Rdz. 11, 12). Ein Off-Label-Use komme nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, 2. keine andere Therapie verfügbar ist und 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (BSG, a.a.O., juris, Rdz. 15). Hier fehle es an der begründeten Erfolgsaussicht aufgrund der bestehenden Datenlage. Vorliegend kam es zu keiner abgeschlossenen, veröffentlichten Studie in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III mit Relevanz für die Erkrankung der Patientin. Schließlich wies das BSG die rechtliche Einordnung der Behandlung mit Intratect als „teilstationäre Krankenhaubehandlung“ durch das LSG zurück. Eine teilstationäre Behandlung muss wie jede Aufnahme eines Versicherten objektiv medizinisch erforderlich sein. Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf (teil-)stationäre Behandlung. Im Übrigen hebt das BSG hervor, dass für die Arzneimittelversorgung im Krankenhaus grundsätzlich keine von der vertragsärztlichen Versorgung abweichenden Maßstäbe gelte. Anmerkungen Das BSG-Urteil hat auch für den Krankenhausbereich weitreichende Bedeutung. Insbesondere ist es danach nicht zulässig, eine mögliche ambulante Behandlung in eine teilstationäre Krankenhausbehandlung umzuwidmen. Auch für die teilstationäre Behandlung gilt der Vorrang der ambulanten Behandlung. Dies leitet das BSG aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V her. Es kommt somit auf die medizinischen Erfordernisse einer stationären Krankenhausbehandlung an. Besonderes Gewicht kommt den Ausführungen des BSG zur Anwendung des Arzneimittelzulassungsrechts im Krankenhausbereich zu. Es geht davon aus, dass für die Arzneimittelversorgung im Krankenhaus grundsätzlich keine von der vertragsärztlichen Versorgung abweichenden Maßstäbe gelten. Daraus folgt, dass das Krankenhaus an das Arzneimittelzulassungsrecht gebunden ist und Abweichungen davon grundsätzlich nur unter Beachtung der Regeln zum Off-Label-Use zulässig ist. Allerdings bringt das BSG zum Ausdruck, dass die Regelung in § 137c Abs. 3 SGB V Anwendung findet, wenn es nicht um eine reine Arzneimittelapplikation, sondern um eine neue Behandlungsmethode geht. Hier gilt dann die speziellere Vorschrift nach § 137c Abs. 3 SGB V, die durch das GKV-VSG eingeführt wurde. Dabei kommt es darauf an, ob die Krankenhausbehandlung „das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet“. Diese Regelung wurde vom Gesetzgeber durch das GKV-VSG eingeführt, um der „Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt“ wieder umfänglich Geltung zu verschaffen. Innovative Behandlungsmethoden mit vielversprechenden Heilungs- und Behandlungschancen sollen weiterhin zeitnah auch außerhalb von Studien gewährt werden können, auch wenn deren Nutzen noch nicht auf hohem Evidenzlevel belegt ist (siehe Gesetzesbegründung vom 10.06.2015 zu Nr. 64 (§ 137c SGB V) – BT-Drucks. 18/5123). Es ist daher davon auszugehen, dass Arzneimittelapplikationen, die von einer neuen stationären Behandlungsmethode umfasst werden, und das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten, zulässig sind. Das Urteil ist hier wiedergegeben. |
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letzte Änderung: 06.08.2018 16:47:37 Grösse: 4,405.71 KByte |
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Newsletter Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode | ||
Für die Darlegung, dass eine Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Krankenhaus das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, dürfen keine zu strengen Maßstäbe angelegt werden. Stellungnahmen ärztlich-wissenschaftlicher Fachgesellschaften, die eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode befürworten, reichen als Nachweis hierfür aus (Nichtgenehmigungsbescheid der zuständigen Genehmigungsbehörde). - NUB Endobarrier®, Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative, G-BA, Schiedsstelle -
Sehr geehrte Damen und Herren, in einem Verfahren vor der Schiedsstelle ging es um die Festsetzung des NUB Endoskopische biliodigestive Diversion mittels Kunststoffconduit zur Behandlung adipöser Typ-2-Diabetiker – kurz Endobarrier® genannt. Die Schiedsstelle vertrat die Auffassung, dass hierfür zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen vorliegen müssen. Bloße Befürwortungen dieser Behandlungsmethode durch ärztlich-wissenschaftliche Fachgesellschaften wurden als nicht ausreichend angesehen. Hiergegen hatte das beantragende Krankenhaus Antrag auf Versagung der Genehmigung bei der zuständigen Behörde gestellt. Diesem Antrag wurde nunmehr Rechnung getragen. Auffassung der Genehmigungsbehörde Die Genehmigungsbehörde legt in ihrem Bescheid – wie die Schiedsstelle – die Regelung in § 137c Abs. 3 SGB V zu Grunde. Diese Vorschrift lautet wie folgt: „Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach Absatz 1 getroffen hat, dürfen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist.“ Im vorliegenden Fall drehte sich der Streit um die Auslegung des Rechtsbegriffes „Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative“. Das Krankenhaus hatte in dem Schiedsstellenverfahren, das von uns betreut wurde, auf das Positionspapier der Fachgesellschaften zur Anwendungsempfehlung der endoskopischen biliodigestiven Diversion in Deutschland – DDG/DGAV/DGVS – in: Fachzeitschrift Gastroenterol 2014; 52: 606-612 – hingewiesen. Die Fachgesellschaften kamen zur Auffassung, dass die vorgenannte Behandlungsmethode für adipöse Patienten mit Typ-2-Diabetes eine Therapieoption und Ergänzung zur konventionellen Therapie entsprechend der Nationalen VersorgungsLeitlinie zur Therapie des Typ-2-Diabetes darstellt. Die Empfehlung gilt als Therapiealternative für die Behandlung erwachsener Patienten (Mindestalter: 18 Jahre) mit Diabetes mellitus Typ 2 und Übergewicht (BMI 30 - 45), wenn diese Patienten unter den Therapiealgorythmen nach der Nationalen VersorgungsLeitlinie zur Therapie des Typ-2-Diabetes ihre persönlichen individuellen Therapieziele über einen Zeitraum von 3 – 6 Monaten nicht erreichen konnten. Für dieses Patientenkollektiv steht derzeit keine Erfolg versprechende andere Therapieoption zur Verfügung (Positionspapier, a.a.O., Seite 611). Die Schiedsstelle hielt eine entsprechende Empfehlung nicht für ausreichend, um das Potential einer alternativen Behandlungsmethode nach § 137c Abs. 3 Satz 1 SGB V zu belegen. Sie lehnte daher die Festsetzung der neuen Behandlungsmethode Endobarrier ab. Die Genehmigungsbehörde schloss sich jedoch der Auffassung des Krankenhauses an, wonach der Begriff „Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative“ nicht zu eng gesehen werden darf. Sowohl die Gesetzesbegründung zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz als auch die bisherige Rechtsprechung gehen davon aus, dass die Methode lediglich in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung darstellen muss, wie z.B. die Methode weniger Nebenwirkung hat, eine Optimierung der Behandlung bedeutet oder eine für den Patienten nicht geeignete Behandlungsmethode ersetzt. Hierzu seien Fallberichte, Fallserien, kleinere epidemiologische Untersuchungen und Übersichtsarbeiten zur Bejahung eines Potentials im Sinne des § 137c SGB V ausreichend. Ergänzend verweist die Genehmigungsbehörde darauf, dass mit der Einführung des § 137c Abs. 3 SGB V erleichtert werden sollte, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden können, auch wenn sie noch nicht durch Studien ausreichend belegt sind und ihr Nutzen noch nicht auf einem hohen Evidenzlevel belegt ist. Empfehlung § 137c Abs. 3 SGB V bezieht sich auf alle Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und nicht nur auf NUBs. Durch die Einführung dieser Vorschrift sollte eine Förderung von innovativen Behandlungsmethoden erzielt werden und der Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt im Krankenhausbereich wieder Geltung verschafft werden, nachdem das BSG hierzu eine andere Auffassung vertreten hatte (Urteil des BSG vom 21.03.2013, Az.: B 3 KR 2/12 R). Liegen Fallberichte, Untersuchungen oder Empfehlungen der Fachgesellschaften vor, reicht dies aus, um die Behandlung im Krankenhaus durchführen zu können. Es wird daher empfohlen, wenn Krankenhausbehandlungsmaßnahmen von Seiten der Krankenkassen als medizinisch nicht ausreichend belegt angesehen werden, auf die Regelung in § 137c Abs. 3 SGB V hinzuweisen und ggf. die Schiedsstelle zur Festsetzung anzurufen. |
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letzte Änderung: 24.10.2019 22:53:59 Grösse: 0.29 KByte |
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Newsletter Schadensersatzanspruch der Krankenkassen | ||
Für das Schadensfeststellungsverfahren bei fehlerhaften Verordnungen ist die Gemeinsame Prüfungseinrichtung gem. § 48 BMV-Ä zuständig Urteil des BSG vom 20.03.2013, Az.: B 6 KA 17/12 R - Schadensersatzanspruch der Krankenkassen, fehlerhafte Verordnung, Leistungsklage - Sachverhalt Die AOK hatte gegen einen ermächtigten Krankenhausarzt wegen angeblich fehlerhafter Ausstellung von Arzneimittelverordnungen die Schlichtungsstelle nach § 49 BMV-Ä angerufen und parallel dazu Leistungsklage vor dem Sozialgericht erhoben. Inhaltlich hat die AOK ihren Schadensersatzanspruch auf fehlende Unterschriften des ermächtigten Arztes und fehlende Überweisung-/Abrechnungsscheine gestützt. Das BSG hat die Leistungsklage vor dem Sozialgericht und die Anrufung der Schlichtungsstelle für unzulässig angesehen. Entsprechende Schadensfeststellungsverfahren seien gemäß § 48 BMV-Ä vor den hierzu eingerichteten Prüfgremien (Gemeinsame Prüfungseinrichtung) durchzuführen. Die geltend gemachten Verordnungsmängel können nicht direkt mit der Leistungsklage verfolgt werden. Anmerkung Nach dem Urteil des BSG hat die AOK den falschen Verfahrensweg eingeschlagen. Für Schadensfeststellungsverfahren wegen geltend gemachter Verordnungsmängel ist ausschließlich die Gemeinsame Prüfungseinrichtung zuständig. Im Übrigen weist das BSG darauf hin, dass im Schadensregressverfahren dann zu prüfen ist, ob ein Verschulden des ermächtigten Arztes vorliegt. |
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letzte Änderung: 12.09.2018 10:11:12 Grösse: 798.86 KByte |
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Newsletter Arzthaftung | ||
Ein Krankenhaus haftet für eine nicht erkannte Blutung im Gehirn Urteil des Oberlandesgericht Hamm vom 09.11.2012, Az.: I-26 U 142/09 - Arzthaftung, Befunderhebung, Beweiserleichterung, Schadensersatz - Das OLG Hamm hat sich mit der Frage befasst, ob ein Krankenhaus für eine nicht erkannte, durch Aneurysmen im Gehirn entstandene Subarachnoidalblutung (SAB) in Form einer Warnblutung haftet, wenn der Patient zu einem späteren Zeitpunkt wegen erneut aufgetretener Blutung schwere Gesundheitsschäden erleidet. Dabei geht es davon aus, dass eine Beweiserleichterung nicht nur bei einem groben, sondern auch bei einem einfachen Befunderhebungsfehler gerechtfertigt ist, wenn die unterlassene Befunderhebung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einem reaktionspflichtigen Befund geführt hätte und sich die Verkennung des Befundes oder das Verhalten des Arztes auf der Basis dieses Ergebnisses als grob fehlerhaft darstellen würde. Dies hat es im vorliegenden Fall bejaht. Wegen heftiger Kopfschmerzen hatte der klagende Patient am 13.07.2005 die Notaufnahme des Krankenhauses aufgesucht. Er wurde mit einem Schmerzmittel behandelt und mit der Diagnose „Spannungskopfschmerz“ am gleichen Tag wieder entlassen. 13 Tage später erlitt der Kläger weitere Subarachnoidalblutungen mit der Folge, dass er zu einem schweren Pflegefall wurde. Der Kläger hat daher das beklagte Krankenhaus auf Schmerzensgeld, den Ersatz materieller Schäden und auf die Feststellung weitergehender Ersatzpflicht verklagt. Der Kläger hat in 1. und 2. Instanz Recht bekommen. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens ist das OLG davon ausgegangen, dass bei dem Kläger ein plötzlicher und heftiger Kopfschmerz aufgetreten ist, der über die Qualität eines Spannungskopfschmerzes hinausgegangen ist. Der Krankenhausarzt hätte daher eine weitergehende Befundung vornehmen müssen. Der behandelnde Arzt hätte von einer schwerstmöglichen Erkrankung, also von einer SAB, ausgehen müssen und diese vor der Bewertung als Spannungskopfschmerz ausschließen müssen. Das OLG hat daher einen Befunderhebungsfehler angenommen. Die maßgeblichen Fragen zu den Einzelheiten des Kopfschmerzes seien nicht gestellt worden. Die fehlende Befunderhebung sei auch ursächlich dafür gewesen, dass sich mangels rechtzeitiger Reaktion auf das Warning Leak später das Rezidiv (erneute SAB) mit dem daraus resultierenden Schaden ereignet hat. Nach Auffassung des OLG ist eine Beweiserleichterung nicht nur bei einem groben, sondern auch bei einem einfachen Befunderhebungsfehler gerechtfertigt, wenn die unterlassene Befunderhebung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einem reaktionspflichtigen Befund geführt hätte und sich diese Verkennung des Befundes oder das Verhalten des Arztes auf der Basis dieses Ergebnisses als grob fehlerhaft darstellen würde. Ausgehend hiervon tritt eine Beweislastumkehr ein. Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass die spätere große SAB bei richtiger Befunderhebung hätte vermieden werden können. Das OLG hat daher die Haftung des Krankenhauses dem Grunde nach bejaht. Das Urteil des OLG gibt Veranlassung darauf hinzuweisen, dass Krankenhäuser aus Vorsicht heraus und zur Vermeidung einer Haftung umfangreiche Befunderhebungen vornehmen sollten. Insbesondere ist auch eine Ausschlussdiagnostik für Verdachtsdiagnosen durchzuführen, wenn erste Warnzeichen gegeben sind. Andernfalls kann dies – wie im vorliegenden Fall – zur Haftung des Krankenhauses führen. In diesen Fällen kommt dann nach Auffassung des OLG eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Klägers in Betracht. Die Pressemitteilung des OLG Hamm ist hier wiedergegeben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig (BGH VI ZR 12/13). |
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letzte Änderung: 12.09.2018 10:15:49 Grösse: 36.90 KByte |
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Newsletter Kalkulation der leistungsgerechten Vergütung | ||
Kalkulation der leistungsgerechten Vergütung von Pflegeheimen (2-Stufen-Prüfung) Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 29.01.2009, Az.: B 3 P 6/08 R Nach der jüngsten Rspr. des BSG sind die Vergütungen von Pflegeleistungen der Pflegeheime in zwei Stufen festzulegen (B 3 P 6/08 R). In einer ersten Stufe erfolgt eine Plausibilitätsprüfung der vom Heimträger für den bevorstehenden Pflegezeitraum prognostisch geltend gemachten einzelnen Kosten. Die Pflegekassen überprüfen die Plausibilität und dürfen weitere Unterlagen verlangen. Dabei sind die einzelnen Kostenansätze von den Pflegekassen substantiiert zu bestreiten. Sind die Kostenansätze plausibel, erfolgt in einer zweiten Stufe ein externer Vergleich der geforderten Pflegesätze mit den Pflegesätzen vergleichbarer Pflegeheime aus der Region, um die Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Liegt der geforderte Pflegesatz im unteren Drittel der zum Vergleich herangezogenen Pflegesätze, ist regelmäßig ohne weitere Prüfung von der Wirtschaftlichkeit auszugehen. Liegt der Pflegesatz darüber, sind vom Heimträger dafür geltend gemachte Gründe auf ihre wirtschaftliche Angemessenheit zu prüfen. Die Einhaltung der Tarifbindung und die Zahlung ortsüblicher Gehälter ist dabei immer als wirtschaftlich angemessen zu werten. |
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letzte Änderung: 05.10.2018 13:36:58 Grösse: 14.94 KByte |
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Newsletter MVZ | ||
MVZ-GmbH Selbstschuldnerische Bürgschaft Nach § 95 Abs. 2 Satz 6 SGB V müssen die Gesellschafter des MVZ gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung eine selbstschuldnerische Bürgschaft abgeben. Soweit Gesellschafter eine kommunale Gebietskörperschaft ist, kann dies zu Problemen führen. Nach dem Kommunalrecht darf die Kommunalaufsichtsbehörde die Abgabe einer Bürgschaftserklärung dann nicht genehmigen, wenn diese Verpflichtung zur Übernahme von Verlusten in unbestimmter oder unangemessener Höhe führen kann. Auf Anfrage eines kommunalen Krankenhauses in Niedersachsen, das in der Form einer GmbH geführt wird, hat nunmehr das Niedersächsische Innenministerium festgestellt, dass diese kommunalrechtlichen Beschränkungen dann nicht zur Anwendung kommen, wenn die kommunale Krankenhaus-GmbH selbst Gesellschafter/Träger des MVZ ist. Die Kommune tritt dann lediglich mittelbar als Gründerin auf. Rechtsgeschäfte (Gründung einer MVZ-GmbH) von selbstständig geführten Unternehmen der Landkreise und Gemeinden stehen nicht unter den Zulässigkeitsvorbehalten des Kommunalrechts. Aus dem Schreiben des Ministeriums ist gleichzeitig zu ersehen, dass diese Fragestellung Gegenstand der Beratung des Unterausschusses Kommunale Wirtschaft und Finanzen des Arbeitskreises III der Konferenz der Innenminister des Bundes und der Länder am 14./15.02.2008 in Berlin war. Bedenken gegen diese Rechtsauffassung wurden nicht geäußert. Daraus kann man schließen, dass die Kommunalen Aufsichtsbehörden diese Rechtsauffassung mittragen. |
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letzte Änderung: 05.10.2018 13:44:23 Grösse: 72.32 KByte |
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